Antidepressiva in Deutschland – Anstieg um 745 Prozent

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Antidepressiva in Deutschland 1991-2020

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 1682 Millionen Tagesdosen Antidepressiva verschrieben. Das sind 754 Prozent mehr, als im Jahr 1991[1]. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich ein Plus um 4 Prozent. Seit 2007 hat sich der Verbrauch von Antidepressiva verdoppelt.

  • Immer mehr Menschen sind von Antidepressiva abhängig.
  • Immer mehr Menschen versuchen von den Medikamenten loszukommen.
  • Immer mehr Menschen berichten von entsetzlichen Absetzsymptomen.
  • Immer mehr Menschen bemerken die verzögerte Entzugssymptomatik.

Die verzögerte Entzugssymptomatik: Zuerst geht es ganz gut ohne Medikamente. Aber mehrere Wochen nach der letzten Tablette beginnen schlagartig sehr heftige körperliche Symptome, die einen absoluten psychischen Ausnahmezustand hervorrufen, der nicht enden will. Darauf folgt Verzweiflung (der Depressionskreislauf).

Antidepressiva in Deutschland 1991-2020
DDD von Antidepressiva in Deutschland. Grafik von Depression-Heute (basierend auf Zahlen des Arzneiverordungs-report)

Sehr viele Menschen befinden sich im Entzug und brauchen Hilfe!

Welche Hilfsangebote gibt es auf der medizinischen Seite?

  • Nach wie vor gibt es keine Hilfsangebote für Menschen im Antidepressiva-Entzug. Stattdessen wird den Patienten sehr oft gesagt: „Bei Ihnen ist eine Rebound-Depression entstanden. Da helfen Antidepressiva.“
  • Es gibt keine Abrechnungsziffer, mit der ein Arzt oder Psychotherapeuten seine therapeutische Hilfe im Antidepressiva-Entzug mit den Gesetzlichen Krankenkassen abrechnen kann. Für den Patienten bedeutet das: Was nicht abgerechnet werden kann, das gibt es nicht.
  • Es gibt auch keine Warnungen für Menschen, die nach langem Konsum Antidepressiva absetzen möchten. „Das können Sie einfach weglassen,“ lautet noch immer der Ratschlag vieler Experten.

Die Folge: Leidende Patienten werden weggeschickt oder sollen ihre Medikamente wieder einnehmen. Im Vergleich mit drogensüchtigen oder alkoholkranken Patienten zeigt sich eine bedrückende Ungleichbehandlung: Für alkoholkranke Patienten, aber auch für heroinsüchtige oder Menschen, die von Beruhigungsmitteln oder von Online-Casinos abhängig geworden sind, gibt es von den gesetzlichen Krankenkassen zahlreiche therapeutische Angebote oder Entzugskuren.

Alle Menschen, die Hilfe und Unterstützung für Ihren Antidepressiva-Entzug benötigen, gehen leer aus.

Ganz erstaunlich: Noch immer behaupten Experten, die jährlich steil wachsende Zunahme der Verordnungszahlen von Antidepressiva wäre kein Hinweis auf die Zunahme von körperlich abhängigen Antidepressiva-Konsumenten – sondern zeige an, dass noch immer zu wenige Menschen mit Antidepressiva versorgt würden.

Und überhaupt dürfte man nichts negatives über Antidepressiva schreiben, weil das ja immer nur nützliche Medikamente sind. Die ketzerische Frage: Aber wo wurde denn bitteschön einmal wissenschaftlich geprüft, welche positive Wirkung Antidepressiva nach fünf Jahren aufweisen? Diese Frage darf natürlich niemand stellen. Noch einfacher wäre es, wenn man mal die Patienten fragen würde: Wie geht es euch den, mit der täglichen Tablette, die ihr schon seit fünf oder zehn Jahren einnehmt? Nehmt ihr dieses Medikament noch immer gerne ein?

Unsere Erfahrung ist: die allermeisten sagen Nein.

Mittlerweile schlucken etwa 10 Prozent aller mittelalten Menschen in Europa (vor allem Frauen) täglich Antidepressiva und kommen davon nicht los.

Die Corona-Maßnahmen haben die Situation noch einmal verschärft. Es ging vielen Menschen sehr schlecht, es wurden noch mehr Antidepressiva verschrieben.


[1] Diese Zahlen stammen vom Arzneiverordnungs-report, dem jährlich erscheinenden Nachschlagewerk des deutschen Arzneimittelmarktes https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-63825-5

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One Comment

  1. Danke für deinen interessanten und niveauvollen Artikel. Die Übersicht ist sehr spannend und das Thema Antidepressiva ist wirklich wichtig und im Zeitalter der Krisen ernstzunehmen. Macht weiter so und informiert die Menschen über Depression.

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