Hochsensibilität

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Der Begriff „Hochsensibilität“ wurde in den neunziger Jahren von der amerikanischen Psychologin und Betroffenen Elaine Aron geprägt (Link).

Hochsensibilität ist keine psychiatrische Diagnose, sondern eher eine besondere Gabe. Wird sie nicht als solche erkannt und beachtet, führt sie leider häufig zu psychischen Schwierigkeiten, die sich durch die Einnahme von Psychopharmaka verschlimmern. Es ist daher sehr wichtig vor der Behandlung mit Psychopharmaka zu prüfen, ob man von Hochsensibilität betroffen ist.

Hochsensible können relativ leicht eine Besserung ihrer psychischen Beschwerden erzielen. Sobald sie die Rolle der Überstimulation bei ihren Symptomen verstanden haben und konsequent Gegenregulation in ihr Leben integriert haben, lösen sich fast alle psychischen Probleme wieder auf.

Die meisten hochsensiblen Menschen erkennen im Verlauf ihres Lebens selber, dass sie empfindsamer sind als andere Menschen. Sie nehmen wesentlich mehr von ihrer Umgebung wahr und verarbeiten die Reize des Lebens viel tiefer. Man kann sich das veranschaulichen, in dem man sich vorstellt, ohne eine schützende Haut durchs Leben zu gehen. Ohne geeignete Filter prasseln die Reize des alltäglichen Lebens direkt auf die Nerven ein. Diese Überreizung führt über kurz oder lang zu chronischem Stress, dem Unvermögen abzuschalten und emotionaler Überforderung.

Leider finden sich die von Hochsensibilität Betroffenen unverhältnismäßig häufig in psychiatrischen Kliniken wieder. Dort werden sie mit Psychopharmaka behandelt, ohne dass ihre hohe Sensibilität beachtet wird. Das hat schlimme Folgen. Denn auf alles, was ein hochsensibler Mensch erlebt, reagiert er extrem. Schon kleinste Dosen dieser Mittel können unvorhersehbare und untypische Reaktionen hervorrufen. Wird diese Sensibilität nicht erkannt, gelten diese Reaktionen als weiterer Beweis einer psychischen Störung. Oftmals wird dann mit zusätzlichen Medikamenten versucht, den Patienten ruhig zu stellen.

Unserer Einschätzung nach sollte bei vorliegender Hochsensibilität ganz auf Psychopharmaka verzichtet werden, denn es ist unmöglich vorherzusagen, was die Medikamente in einem besonders empfindlichen Gehirn anrichten. Die Reaktionen können sehr ausgeprägt sein.

Noch schlimmer sind die Erfahrungen, die die Betroffenen machen, wenn sie die Medikamente wieder absetzen wollen. Hier kann es vorkommen, dass selbst Reduzieren in Mikroschritten nicht toleriert wird. Manche unserer Patienten spüren sogar Reduktionsschritte um 0,1 mg so stark, dass sie bei jedem Reduzierungsschritt aus ihrem Leben herausfallen.

Es gibt noch weitere Gründe bei Hochsensibilität vom Gebrauch von Psychopharmaka abzuraten. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Langzeitgebrauch die Empfindlichkeit der Betroffenen verstärkt. Psychopharmaka scheinen das Gehirn zu veranlassen, immer mehr Rezeptoren auszubilden. Das erhöht die Reizempfindlichkeit. Die Beobachtung zeigt, dass Menschen, die lange Psychopharmaka einnehmen, immer weniger belastbar werden, Geräusche oder Menschenansammlungen mit der Zeit immer weniger vertragen als Menschen, die ihre Beschwerden ohne Psychopharmaka behandeln. Die Sensitivität kann durch Psychopharmaka also verstärkt werden.

Für hochsensible Menschen kann sich anstelle von Psychopharmaka der Versuch einer Behandlung mit der indischen Pflanze Ashwagandha (Schlafbeere) lohnen. Bereits zwei Kapseln am Tag können die psychischen Probleme, die durch Überreizung entstehen abmildern und einen besseren Schlaf ermöglichen.

Viel wichtiger als hochsensible Menschen von Medikamenten abhängig zu machen ist es, den Fluch in einen Segen zu verwandeln. Der Hochsensible sollte sein Leben so reizarm wie möglich gestalten. Es sollten unbedingt Entspannungstechniken erlernt werden und Strategien, wie man sich von Reizen abschirmt. Dazu bieten sich viele Methoden an: Biofeedback, Meditation, Verhaltenstherapie, Yoga und vieles mehr. Auch die heutige Tendenz zum Homeoffice kann für den Hochsensiblen eine große Chance bedeuten.

Entspannungstechniken für Hochsensible
Sobald die Rolle der Überstimulation erkannt ist, können hilfreiche Gegenmaßnahmen ins Leben integriert werden.

Denn ein hochsensibler Mensch braucht immer wieder Rückzugsmöglichkeiten. Einen Arbeitstag mit acht Stunden täglich in einem Raum mit vielen anderen kann er vermutlich nicht bewältigen. Aber er kann lernen, sich auf sein gutes Gespür zu verlassen und sein Potenzial auszuschöpfen. Hochsensible verfügen meist über eine hohe kreative Kraft und sind oft visionär veranlagt.

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