Venlafaxin absetzen oder reduzieren – Teil 1

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Das Antidepressivum Venlafaxin gehört zu den am schwierigsten zu reduzierenden Medikamenten. 

Etwa die Hälfte unserer Beratungen betreffen Venlafaxin.

Viele Leute sind verzweifelt, weil sie nicht wissen, wie sie von diesem Medikament loskommen können. Nicht selten haben sie bereits mehrere gescheiterte Absetzversuche hinter sich. In den seltensten Fällen erfahren sie Hilfe von ihren Psychiatern.

Diese erklären leider auch in der heutigen Zeit noch immer häufig: 

„Wenn es ihnen so schlecht geht, dann brauchen Sie das Medikament. Also nehmen sie es doch wieder.“

Diese Empfehlung geht vollkommen am Bedürfnis des Patienten vorbei. Denn der Patient möchte dieses Medikament nicht länger einnehmen.

Doch der Psychiater hat das Problem: Was tut er mit dem Patienten, dem es so erkennbar schlecht geht? Wo ordnet er ihn ein?

Optimal wäre es, wenn er dem Patienten einen “Zustand nach Venlafaxin-Entzug” diagnostizieren und über den Zeitraum des Entzuges stabilisieren würde.

Doch diese Diagnose gibt es im deutschen Medizinsystem nicht. Entzug gibt es nur von Benzodiazepinen, Opiaten und Alkohol. Dafür gibt es entsprechende Abrechnungsziffern.

Der Psychiater kann also noch nicht mal die Beratung eines Patienten im Venlafaxin-Entzug abrechnen. Und was man nicht abrechnen kann, das gibt es nicht – so funktioniert leider unser Medizinsystem.

Die Patienten bleiben daher nach wie vor auf sich selbst gestellt.

Und es sind viele Patienten.

Der Lifestyle Blog Hey Sister hat mal einen Artikel über den Versuch Venlafaxin abzusetzen geschrieben. Kein Artikel wurde mehr angeklickt. …

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: In einem Lifestyle-Blog – also das ist kein Ort, an dem sich Menschen mit psychischen Problemen tummeln – und doch zeigt es, das hierzulande nahezu jedem, der einmal eine Krise erlebt, sehr schnell Psychopharmaka angeboten werden … und dann jahrelang weiterschrieben werden.

Aber irgendwann ist die Krise vorbei, oft auch gut bewältigt und dann wird es Zeit, das Medikament nicht mehr zu nehmen.

Doch wie soll man davon loskommen – einfach weglassen geht nicht, denn das führt zu schlimmsten körperlichen und seelischen Problemen.

Wer seinen Psychiater fragt, erfährt. Man soll es innerhalb von sechs Wochen ausschleichen.

Aber das ist viel zu schnell. Selbst wenn man damit auf Null ankommt, wird man spätestens nach zwei bis drei Monaten in so einer schlimmen Verfassung sein, dass man es auf jeden Fall wieder einnimmt.

Das wichtigste Wissen, wie man es reduziert betrifft:

  1. Das Tempo: Jeder Reduktionsschritt dauert etwa 6 Wochen
  2. Die Reduzierschritte: Die Reduzierschritte sollten bei etwa 10 Prozent liegen

Mit diesem Wissen kommt man von hohen Dosen noch relativ leicht bis zu 37,5 mg. Aber danach ist Schluss mit Bordmitteln.

Jetzt muss die Kapsel geöffnet werden. Wer eine Venlafaxin-Kapsel öffnet, sieht viele kleine Kügelchen. Auf den Kügelchen ist der Wirkstoff gepresst. 

Heute finden sich in den meisten Venlafaxin 37,5 mg Präparaten nur drei Kugeln. Das bedeutet, auf jeder Kugel kleben 12,5 mg Wirkstoff. Wer Venlafaxin sechs Monate oder weniger genommen hat, kann alle sechs Wochen eine Kugel herausnehmen.

Wer jedoch Venlafaxin länger genommen hat, benötigt einen Anbieter, der mehr Kügelchen in die Kapsel steckt.

Nach unseren aktuellen Informationen sind das:

• Aurobindo

• Hennig

• Hexal

• Neuraxpharm

• Pfizer (Trevilor Original)

• PUREN

• TAD

• Winthrop

Von diesen sollen aktuell nur Aurobindo und Pfizer (hoher Selbstzahleranteil) lieferbar sein (wer mehr weiß, schreibt es bitte in die Kommentare unter den Artikel, damit auch andere davon profitieren).

Das bedeutet, wir raten den Absetzwilligen zu einem Herstellerwechsel.

Dann muss man die Bereitschaft haben, die Kapseln 

  1. Vorsichtig zu öffnen 
  2. Die Kügelchen zu zählen 
  3. Eine bestimmte Menge an Kügelchen wegzulassen (10 %)
  4. Die restlichen Kügelchen wieder in die Kapsel einzufüllen

Und das macht man am besten gleich für sieben Kapseln, also für die nächsten sieben Tage.

Man lindert dadurch die schweren Symptome – aber einfach ist das Absetzen dadurch nicht. Es bleibt schwer, aber Sie können es aushalten.

Ende Teil 1

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