Die „biologische Psychiatrie“ – Forschungsstand 2019
Manche Patienten beruhigt es, wenn der Psychiater ihnen erklärt: Sie leiden unter einer Stoffwechselstörung / Serotoninmangel / Cortisolüberschuss / … da helfen Tabletten …
Aber was ist dran an den Versprechen der „biologischen Psychiatrie“? Kann man messbare Substanzen korrigieren und die Depression der Patienten hört auf, wenn das gelungen ist?
Auf welchem Stand befindet sich die biologische Psychiatrie im Jahr 2019? Gibt es mittlerweile ein funktionierendes Modell, das in der Lage ist, Depressionen mit biologischen Werten abzubilden?
Die Antwort liefert uns eine beeindruckende Arbeit, die im Journal „Translational Psychiatry“ erschienen ist, das zur Nature Gruppe gehört (Link).
Zum Artikel:
Predicting the naturalistic course of Depression
In dieser Arbeit berichten Wissenschaftler um Andre Marquand von der Radboud Universität in den Niederlanden, dass sie zwei Jahre lang 804 Patienten, die unter Depressionen litten, beobachtet und vermessen haben. Dann fütterten sie einen Computer mit allen verfügbaren Daten.
Eigentlich sollte dadurch ein Computermodell entstehen, das den natürlichen Verlauf einer Depression abbildet. Die Werte wurden dementsprechend nicht einzeln erfasst, sondern auch das Co-Vorkommen und die Co-Veränderungen wurden mit komplizierten Algorithmen verrechnet.
Ganz erstaunlich ist dabei, die Tiefe, in der die Daten erhoben wurden, denn es wurden nicht nur Fragebogendatendaten und Körpersubstanzen gemessen, es wurde auch der Taillenumfang, der Ausbildungsstand und viele weitere Parameter festgehalten und in den Berechnungen berücksichtigt.
Man hätte demzufolge auch Subgruppen finden können, beispielsweise Patienten, die besonders untergewichtig oder besonders übergewichtig waren und von einer bestimmten Behandlung besonders gut profitierten, was man anhand bestimmter Werte hätte sehen können. Oder man hätte auch „endlich“ einmal einen typischen biologischen Verlauf dokumentiert sehen können: In der Form von: Wie wissen zwar nicht, wann eine Besserung beginnt, aber wenn diese startet, dann steigt die Konzentration von BDNF und zwei Monate später sind die Personen wieder genesen. Ja, es hätte vieles gefunden werden können. Aber es wurde nichts gefunden.
Diese biologischen Substanzen wurden bei den Patienten kontinuierlich gemessen:
Cortisol (zur Überprüfung der Diathese-Stress-Hypothese der Depression/ HPA Achse Hyperaktivität)
Vitamin D (das „Sonnenvitamin“)
Die drei Entzündungsmarker CRP, IL6 und TNF-alpha (zur Überprüfung der Hypothese: Ist die Depression eine Entzündungsreaktion)
BDNF (brain derived neurotrophic factor)
Taillenumfang, BMI
Zusätzlich: Alter der Patienten und Bildungsniveau.
Und was ist rausgekommen?
Kein einziger biologischer Wert und auch nicht die Kombination mehrerer biologischer Werte war hilfreich für die Charakterisierung des Vorliegens einer Depression oder den Beginn einer Besserung oder dem Zustand der Gesundung.
Das ist erstaunlich. Denn bei über 800 Patienten hätte man erwarten müssen, dass sich zumindest in der Kombination ein zusammengesetzter Wert hätte abzeichnen können. Doch das ist nicht passiert.
Und das heißt vor allen Dingen eines: Es gibt überhaupt KEINE biologisch fundierte Theorie der Depression. Und das heißt auch: Jeder „Fachmann“, der erklärt:
„Depression hat immer auch biologische Ursachen“ oder
„Antidepressiva … wirken gezielt gegen die in der Depression gestörten Funktionsabläufe im Gehirn“
Jeder Fachmann, der so etwas sagt, lügt. Jeder Journalist, der eine solche Lüge verbreitet, betreibt Propaganda. Jeder verunsicherte Bürger, der Institutionen glaubt, die solche Informationen verbreiten (Link, Link, Link), wird getäuscht und an der Nase herumgeführt.
Für Patienten und Angehörige ist die wichtigste Aussage der niederländischen Arbeit: Es gibt keine Substanz, die bei einer Depression aus dem Gleichgewicht geraten ist und durch Medikamente wieder korrigiert werden muss – mit allen damit verbundenen Konsequenzen!
Depression-Heute: Manche Leser sind verwundert, weil die niederländischen Forscher ihren Computer nicht mit Daten über Serotonin oder Noradrenalin gefüttert haben. Aber diese Theorien sind bereits so oft widerlegt worden, dass eine erneute Widerlegung unter Wissenschaftlern als nicht mehr interessant gilt.
Das ist für echte Wissenschaftler so ähnlich spannend, als wenn man von jedem Astronauten erwarten würde, er müsse ein Selfie mit sich und der Erde anfertigen, damit man die Gewissheit hat, dass die Erde nicht vielleicht doch eine Scheibe ist (obwohl es immer noch „Experten“ gibt, die behaupten Serotonin … Link).
Und last but not least: Eines ist doch herausgekommen: Die einzige Quelle, aus der sich halbwegs zuverlässige Aussagen über das Outcome ableiten ließ. war ein von Patienten selbst ausgefüllter Fragebogen (IDS) – Aber Moment mal: Fragebogen werden in der Psychiatrie seit Emil Kraepelin (1856-1926) eingesetzt. Kann es wirklich sein, dass in der Psychiatrie seit dieser Zeit nichts Neues über die Ursache einer Depression herausgefunden wurde?
Dopamin-UPDATE: Neuerdings behaupten einige „Experten“ die Rolle des Dopamin wäre bei Depressionen nicht geklärt (das könnte man auch als buchstäblichen Griff nach einem Strohhalm auffassen …). Wir möchten dazu erwidern: Auch hier liegen präzise Daten der bildgebenden Gehirnforschung vor.
Dopamine Release in Antidepressant-Naive Major Depressive Disorder
Das Ergebnis der Messung: Trotz sorgfältiger Messung konnte keine Verbindung zwischen Dopamin und einer Depression gefunden werden.
Serotonin-UPDATE Und weil jetzt doch einige Leute mehrfach nachgefragt haben: Hier einige wichtige Widerlegungen der Serotonin-Theorie der Depression:
Serotonin-Absenkung im Gehirn (bis zu 86 Prozent)
Weder Serotonin noch Noradrenalin
beeinflussen eine Depression (2010)
Der Serotonin-Transporter und Stress
beeinflussen eine Depression nicht (2018)
Guten Tag,
Depression (liegt bei mir nicht vor) ist für mich erstmal nur die Aussage, dass jemand traurig ist.
Selbst das kann aber auch bloß unterstellt sein von der medizinischen Autorität.
Ich habe im Zusammenhang mit Psychiatrie als Wissenschaft und in der Praxis mitbekommen, dass da nichts ist, was es nicht gibt, man kann lebenslänglich bekommen (trifft auf mich nicht zu, war aber versucht worden), man kann umgebracht werden, man kann sogar qualvoll umgebracht werden.
Ein Psychiatrie-Professor ist für mich eine wissenschaftliche Null, die heillosen Unsinn vom Stapel lässt und den man niemals mit einem Professor einer anständigen Fachrichtung, die/der sich redlich bemüht, etwa vergleichen kann.
Kennen Sie den Film „Freistatt“ ?
Die AMEOS-Zeitung „Eppendorfer“ rechtfertigte, was da vor sich ging/dargestellt wurde.
Und dann ist man eben schnell in dem Bereich, wo es nichts gibt, was nicht geht.
Gruß
Lutz Fehling