Das neueste Buch über Psychiatrische Pharmakogenetik

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Psychiatrische Pharmakogenetik 2017

Ist das genetische Wissen in der Psychiatrie vorangeschritten? Ist es gelungen Patientengruppen zu finden, bei denen man vorhersagen kann, auf welches Medikament sie ansprechen? Hilft beispielsweise depressiven Patienten die erhöhte Stresswerte haben, ein bestimmtes Medikament besonders gut, wenn sie eine bestimmte genetische Ausstattung aufweisen? Die Fachleute Dr. David Durham und Dr. Ranjit Thirumaran fassen den Wissensstand in einem aktuellen Buch zusammen.

Psychiatrische Pharmakogenetik 2017

Im Fachbereich der psychiatrischen Pharmakogenetik ist im Januar 2017 ein neues „Standardwerk“ erschienen , das über „Fortschritte“ informiert. Der therapeutische Wert bleibt bescheiden.

Wie weit ist das Wissen der Genetik in der Psychiatrie vorangeschritten? Ist es gelungen Subgruppen zu finden, bei denen man vorhersagen kann, auf welches Medikament sie ansprechen? Ein neues Werk fasst den aktuellen Wissensstand zusammen.

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Psychiatric Pharmacogenetics von Dr. David Durham und Dr. Ranjit Thirumaran

Die Autoren versprechen eine Argumentationskette vom biologischen Konzept bis zum Fallbeispiel. Doch das Werk löst dieses Versprechen nicht ein. Nichts, absolut gar nichts in dem Buch hilft einem Fachmann, der auf der Suche nach einem Medikament ist, das besser wirksam ist.

Das gesamte Buch beschäftigt sich nahezu ausschließlich mit dem wichtigsten Enzymkomplex im menschlichen Körper, der die Medikamente verstoffwechselt, dem Cytochrome P450 Komplex. Entsprechend erhalten die zugehörigen Enzymkomplexe CYP2D6, CYP2C19, CYP2C9, CYP1A2 und CYP3A4/3A5 jeweils separate Kapitel.

Mit diesem Wissen kann man Vergiftungen bei Patienten vermeiden. Beispielsweise ist bereits seit längerem bekannt, dass Menschen, die langsame Verstoffwechsler (Metabolisierer) von CYP2D6 sind, Schwierigkeiten bekommen, wenn sie die Standardosis Amitriptylin erhalten. Diese Patienten sollten dann lieber ein anderes Medikament oder eine deutlich niedrigere Dosis erhalten.

Das ist zwar interessant und sicherlich auch wichtig. Aber, aber, aber. Das eigentliche Versprechen des Buchs lösen die Autoren nicht ein.

Denn selbst wenn diese Patienten eine geringere Dosis des Medikaments erhalten, ist durch nichts und tatsächlich gar nichts belegt, dass diese Patienten von diesem Mittel häufiger profitieren, als andere Patienten oder dass diese Patienten eher von einem alternativen Präparat profitieren.

Und das ist ein Problem.

Antidepressiva haben insgesamt nur eine sehr geringe Wirksamkeit. Die Wirkung tritt nur bei 25 Prozent der Patienten eintritt (Daten der STAR*D-Studie), das ist eine geringere Wirksamkeit, als von Placebo in den typischen Antidepressiva-Studien (Placebo-Wirkung bei durchschnittlich 37 Prozent – ohne Leberschädigung).

Völlig wertfrei ist das Wissen in dem Buch nicht, schließlich wurden bereits Eltern vor Gericht verklagt, deren 9-jähriger Sohn an der ihm verabreichten antidepressiven Medikation verstarb. Die Obduktion ergab schließlich, dass der Sohn ein sehr, sehr langsamer Verstoffwechsler (Metabolisierer) war. Das Medikament, das ihm verabreicht wurde (und das als einziges in der BRD eine Zulassung für die Behandlung von Jugendlichen besitzt) hat eine extrem lange Halbwertszeit und sich aufgrund des langsamen Stoffwechsels überall im Körper des Kindes angereichert, bis der Exitus eintrat. Nach der ersten Obduktion wurden die Eltern verdächtigt, ihr Kind vergiftet zu haben. Erst als der Stoffwechsel des Jungen dargestellt wurde, ließ die Staatsanwaltschaft die Anklage fallen (Link). – Eine tragische Geschichte, die sich ereignet hat, obwohl sehr viele Fachleute immer wieder erklären, dass die neueren Antidepressiva sehr gut verträglich sind. …

Depression-Heute: Der einzige Vorteil des schmalen Buches ist, das hier noch einmal klipp und klar von den „führenden Fachleuten auf diesem Gebiet“ aufgezeigt wird:

Es gibt keine unterstützendes Wissen aus der Genetik für die Psychiatrie. Die Medikamente wirken nach wie vor genauso selten wie früher.
Deutsche Ärzte können sich den Kauf des Buchs sparen. Das aktuelle Wissen über die antidepressiven Medikamente und die mit ihnen interagierenden Enzymkomplexen findet sich auch in der Langfassung der S3 Leitlinie unipolare Depression auf Seite 179.

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