Was war, was wird … Folge 02
Die Zeit schreibt über Abhängigkeit von Antidepressiva und erstaunlicherweise finden sich die beiden Worte Antidepressiva und Abhängigkeit nicht versteckt in der Mitte des Artikels, sondern prominent in der URL des Artikel (https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-05/antidepressiva-medikamente-tabletten-abhaengigkeit).
Das ist ein Artikel, den man sich im Jahr 2014, als Depression-Heute gegründet wurde, noch nicht hätte vorstellen können. Etwas verwirrend ist an dem Artikel allerhöchstens, das der von der Redaktion ausgewählte Experte Gerhard Gründer noch am 14. März 2018 an anderer Stelle erklärt hat: „Andere Medikamente, Antidepressiva Antipsychotika, und viele andere Medikamente machen sicherlich nicht abhängig“ (http://relaunch.frag-den-professor.de/experten/langzeittherapie-mit-psychopharmaka/#gruender-warte). Da könnte man sich fragen, was Herr Gründer denn nun tatsächlich denkt. Aber so kritisch wollen wir nicht sein. Grundsätzlich freuen wir uns immer, wenn es jemanden gelingt, seine Meinung zu ändern. Bemerkenswert ist im Übrigen auch die Anzahl der Kommentare: Es sind über 1000 (!). Das Thema Abhängigkeit von Antidepressiva betrifft und bewegt viel mehr Menschen, als alle Beschwichtiger annehmen .
Unsere Empfehlung: Der Journalist Martin Hubert hat ein bemerkenswertes Radiofeature über Psychopharmaka produziert: „ausschleichen statt absetzen“. Zu hören auf SWR2 (dort kann auch das Manuskript heruntergeladen werden). Huber hat unter anderem den Psychiater PD Dr. Dr. Jann Schlimme interviewt: Zum SWR2 Radiofeature
ausschleichen statt absetzen.
Kinder und Jugendliche werden durch Antipsychotika stark übergewichtig. Das amerikanische Ärzteblatte JAMA meldet, dass Kinder und Jugendliche stark zunehmen und eine veränderte Insulintoleranz entwickeln, wenn sie ein Antipsychotikum verschrieben bekommen – selbst wenn das Medikament nur wenige Wochen und in geringer Dosis eingenommen wurde (Quelle). Die Autoren der Studie werteten die Daten von 144 Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren aus. Den Kindern war zuvor entweder Aripiprazol, Olanzapin oder Risperidon aufgrund verschiedener Diagnosen verschrieben worden. Die stärkste Gewichtszunahme zeigte sich unter Olanzapin. Das deutsche Ärzteblatt berichtet über diese Studie in deutscher Sprache (Quelle)
Als neuestes Unsinns-„Medikament“ gegen Depressionen wird MDMA getestet, besser bekannt als Ecstasy oder Angel Dust. Auch hier gibt es bereits genug Erfahrungen aus dem Bereich Sucht, Persönlichkeitsveränderung und Psychoseinduktion. Ernsthaft kann man einen solchen Stoff keinen depressiven Patienten empfehlen oder zumuten. Aber die Psychiaterin Gilinder Bedi von der Columbia tut es und berichtet darüber: MDMA gegen Depressionen
Zu guter Letzt haben wir noch „etwas“ in der BILD-Zeitung gefunden. In der Ausgabe vom 12.05.2018 im Nachruf auf Frank Sinatra findet sich der Satz: „Er war süchtig nach Elavil“. – Wir klären auf: Elavil ist Amitriptylin, eines der ältesten Antidepressiva. Heute wird es nicht nur gegen Depressionen eingesetzt, sondern auch langfristig in der Schmerztherapie oder als Migränemittel.
Unserer Ansicht nach erklärt die Bild, warum das Mittel so häufig über viele Jahre eingesetzt wird: Es kann eine Sucht erzeugen (!) (zumindest ist das bei Frank Sinatra passiert). Wäre es dann sinnvoll, andere Patienten vor dieser Gefahr warnen? Wir sagen Ja!