Venlafaxin-Entzug – Erleichtertes Absetzen mit Tapering-Strips
Von Gastautor Erik
Vom Venlafaxin-Entzug in die Freiheit
Mit 19 Jahren wurde bei mir eine mittelschwere Depression diagnostiziert. Nach fast zwei Monaten Therapie (u.A. progressive Muskelentspannung, Musik-, und Maltherapie, diverse Sportaktivitäten und viele weitere Behandlungen) schien das Leben wieder in Ordnung. Doch eine Entscheidung, die auf ärztlichen Druck hin getroffen wurde, veränderte alles. Psychopharmaka, die mir als harmlos verkauft wurde, führten mich in einen Teufelskreislauf, aus dem ich fast 12 Jahre lang nicht entkommen konnte.
Der Beginn des Teufelskreislaufs
Nachdem mir ein Mediziner in einer psychiatrischen Institutsambulanz mit Nachdruck empfahl, Venlafaxin 37,5 mg einzunehmen, ließ ich mich schließlich darauf ein. Ich war zwar mittlerweile frei von meiner depressiven Episode, jedoch gaukelte der Klinikarzt mir etwas vor und redete mir ein schlechtes Gewissen ein, wenn ich das Medikament nicht nehmen sollte. Doch schnell stellte sich heraus, dass diese Medikamente nicht nur meinen Alltag beeinträchtigten, sondern mich langfristig von einem normalen Leben abkoppelten. Ein trockener Mund, extremes Schwitzen und ständige innere Unruhe begleiteten mich ein Jahrzehnt lang. Ein konstant erhöhter Cortisolspiegel bescherte mir ständige und heftige Verspannungen und Probleme mit dem Rücken. Dies wurde durch meine Physiotherapeuten immer wieder bekräftigt, dass die Therapeuten so etwas bei einem jungen und sportlichen Menschen wie mir noch nie gesehen haben. Venlafaxin sollte mir helfen, aber sie nahmen mir Stück für Stück die Kontrolle über mein Leben.
Der erste Absetzversuch – Ein heftiger Crash
1,5 Jahre nach der ersten Einnahme wagte ich den ersten Versuch, Venlafaxin von 37,5 mg auf 0 mg abzusetzen. Ein katastrophaler Fehler. Nach 48 Stunden erlitt ich schwere Entzugserscheinungen: spastische Anfälle, Blackouts, die mich regelrecht lähmten. Ich fühlte mich, als ob mein Körper außer Kontrolle geriet; und er tat es auch, sodass ich nicht mehr Herr über mich war. Auf Anraten der Ärzte nahm ich das Medikament direkt wieder ein, und die Symptome verschwanden sofort. Diese Erfahrung verankerte in mir die Angst, jemals wieder den Versuch zu wagen, die Medikamente abzusetzen. In den nächsten 8,5 Jahren hatte ich mehrere Hausärzte, welche mir das Medikament fröhlich und ohne zu hinterfragen weiterverschrieben haben. Konsequent alle Ärzte immer mit dem Zusatz „Herr R., nehmen Sie das Medikament doch ein Leben lang. Bilden Sie sich doch einfach ein, dass es die Konzentration fördert. Außerdem ist es nur eine homöopathische Dosierung und völlig unbedenklich“. Diese Sätze haben sich negativ in mein Gehirn gebrannt und das Vertrauen erheblich in die Ärzte gestört.
Der langsame, schmerzhafte Weg zur Nullmedikation
8,5 Jahre später entschloss ich mich dennoch, einen neuen Anlauf zu starten – diesmal jedoch in kleinen Schritten. Ich begann für drei Monate täglich ein Pellet aus der retardierten Kapsel zu entnehmen, reduzierte die Dosis somit von 37,5 mg auf 25 mg. Es schien zunächst, als könnte ich es diesmal ohne gravierende Einschränkungen schaffen. Doch als ich erneut drei Monate mit 12,5 mg reduziert habe (Entnahme von 2 Pellets) und den letzten Schritt wagte, kam es nach dem Versuch der Nullmedikation wieder zum Totalcrash.
Diesmal ging es direkt in die Notaufnahme und der Weg durch die Hölle begann und ich wurde aus meiner blühenden Karriere und Leben herauskatapultiert.
Über 40 Besuche bei niedergelassenen Ärzten, über 20 Krankenhausaufenthalte diverser (Universitäts-)kliniken, Notfallaufnahmen und völlige Hilflosigkeit prägten diese Phase und das letzte halbe Jahr. Ich fühlte mich allein gelassen von der Ärzteschaft, die keine Antworten hatte. Die Absetzstörungen wurden schlimmer, der Krankenstand begann.
Ich musste mich nun um meine Therapien (Seelsorge, Psychotherapie, Akupressur, Kranken-, und Wellnessmassage, Osteopathie, Aromatherapie, Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, Yoga, Qi-Gong, Meditation, Klaviertherapie etc.) selbst kümmern. Ein Trauerspiel, dass ich als Leihe den vielen Ärzten immer Vorschläge unterbreiten musste und diese ahnungslos wirkten, als würde ich eine weltweit neue und seltene Krankheit haben, die nicht erforscht ist. Auf diesem Weg habe ich das Buch „Genug geschluckt!“ ausfindig machen können. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mich nicht mehr allein gelassen gefühlt und hieraus immer zitiert und das physische Produkt immer bei mir gehabt. Doch auch weiterhin musste ich den Arzt bei den Hausärzten, Kliniken und sogar Universitätskliniken spielen und dem Gegenüber über mögliche Ideen Vorschläge unterbreiten, sodass diese nur noch medizinisch abgenickt wurden. Leider wurde hier auch viel falsch gemacht und ich war Versuchskaninchen. Als ich gemerkt habe, dass ich nicht allein in der Welt mit diesen Absetzstörungen bin, habe ich mich immer stärker gefühlt und konnte mit der Unwissenheit der vielen Ärzte annähernd leben.
Als zwischengelagerter Absetzschritt entschied ich mich die nächsten drei Monate mit Tagen abzusetzen. Im ersten Monat hatte ich nach je drei Einnahmetagen i.H.v. 12,5 mg einen Tag Nullmedikation, im zweiten nach zwei Einnahmetagen ein Tag Nullmedikation und im dritten Monat dann abwechselnd je ein Tag Einnahme, ein Tag nicht.
Dies gelang ganz gut, aber ich fühlte mich noch nicht bereit und einen dritten Absetz-Crash wollte ich niemals mehr erleben. Ich hatte so schon weit über 40 Absetzerscheinungen, die ein normales Leben bei weitem nicht mehr möglich gemacht haben. Also entschied ich mich für die Tapering-Methode, welche sich aus meinem Buch als Option für mich letztlich bewährt hat.
Der finale Schlüssel: Tapering-Strips
Diese spezielle Tapering-Methode, die durch Tapering-Strips unterstützt wird, erlaubte mir eine langsame und kontrollierte Reduktion der Medikation. Nach einer intensiven Recherche und mit Unterstützung der „Regenboog Apotheek“ aus den Niederlanden, begann ich diesen neuen Weg. Mein Klinikarzt und ich kalkulierten in Anlehnung der bereits erfolgten Absetzschritte und sonstiger kalkulatorischer Faktoren (Venlafaxinspiegel, Halbwertszeiten) die Startdosierung auf 8 mg. Das „Programm“ ist auf 28 Tage ausgelegt. Aufgrund meiner schwerwiegenden Absetz-Nebenwirkungen sowie der langen Einnahme, entschied ich mich für 2 x 28 Tage und somit zwei Tapering-Strips à 95,00 €, welche nach dem metabolischen Profil personalisiert hergestellt wurden. Ausgehend von 8 mg wurde nun in winzigen 0,5er-Schritten reduziert, was es meinem Körper ermöglichte, sich allmählich anzupassen. Das via „www.taperingstrip.de“ zur Verfügung gestellte Rezept füllte ich aus und musste dies vom Arzt via Unterschrift und Stempel bestätigen lassen. Der Prozess von der Bestellung, Kommunikation mit den Mitarbeitern, Herstellung sowie Lieferung war recht lange und hat zwei Wochen angedauert.
Ich war sehr skeptisch, da diese neue Darreichungsform nun ohne retardierte Cellulose-Kapsel, größere retardierte Tabletten und anderes Aussehen (ja, das macht viel aus, deshalb bevorzugt man immer den gleichen Generikahersteller, den man immer hatte) daherkam. Ich wurde mehr als positiv überrascht, dass mein Körper bzw. Gehirn diese „neue“ Art von Medikation annahm. Nachdem die Reduktionsschritte so einwandfrei verlaufen sind, wollte ich zum Schluss auf Nummer sicher gehen und habe mir Stabilisierungsstrips von der „Regenboog Apotheek“ für 45,00 € bestellt. Ich habe mich für die niedrigste Dosierung (0,5 mg) entschieden, sodass ich bei einem möglichen Fehlversuch nicht ohne Medikation auf diesem niedrigen Niveau stehe. Diese Strips habe ich nie anrühren müssen, da ich die 48-Stunden-Schallmauer und die darauffolgenden Tage mit Nullmedikation überstanden habe.
Diese Strips halfen mir, mein Ziel zu erreichen – Nullmedikation! Die Nebenwirkungen wurden zwar nicht beseitigt, aber sie man hatte endlich ein Ziel vor Augen. Es gab zum Glück auch keine ausufernden Symptome, sodass diese Methode dem Gift von Woche zu Woche entgegenwirkten und den Blutgehalt von Venlafaxin Stück für Stück senken konnte.
Der Kampf mit der Krankenkasse
Während dieser Reise stieß ich auf ein weiteres großes Hindernis: die Erstattung der Tapering-Strips durch meine gesetzliche Krankenkasse. Obwohl mir die Methode nachweislich half, wurde die Kostenübernahme zunächst abgelehnt. Trotz Gutachten und medizinischen Empfehlungen aus diversen Kliniken zog sich der Prozess monatelang hin. Die Bürokratie zeigte wenig Verständnis für die Notwendigkeit dieser Methode, obwohl ich inzwischen mit Anwälten und Fachärzten zusammenarbeitete, um eine Erstattung zu erwirken. Auch die Übermittlung eines bereits bestehendes Gerichtsurteils „Erstattung nach C-120/95 und C-158/96 (Urteil Decker und Kohll) des Gerichtshof der Europäischen Union“ hat nicht gefruchtet. Es geht mir nicht mehr um die 235,00 €, sondern viel mehr um das Prinzip, da der Import für mein Wohlergehen sowie ein erfolgreiches Absetzen vonnöten war. Mein zweiter Widerspruch läuft; als nächsten Schritt könnte ich kostenfrei via Sozialgericht klagen.
Mein Fazit:
Die sechsmonatigen Absetzstörungen waren die absolute Hölle. Die „Nachwehen“ und Rebound-Effekte danach sind auch teils heftig, vergehen aber mit der Zeit. Nichts ist so schön, wenn man nach fast 12 Jahren seinen Körper wieder selbst steuern kann. Erst jetzt sieht man, welche Körperfunktionen eingeschränkt waren. Es lohnt sich!
Ich habe mich als Patient zu einem Experten gemausert und musste meinen eigenen Therapieplan entwickeln, da ich oft auf Unverständnis bei den Ärzten stieß. Es war ein mühsamer Prozess, aber heute bin ich stolz, dass ich es geschafft habe. Ich empfehle jedem, sich frühzeitig mit der „Krankheit“ auseinanderzusetzen und von richtigen Experten wie Dr. Peter und Mahinda Ansari Hilfe einzuholen.
Für all jene, die sich ebenfalls entschließen, den Weg des Absetzens zu gehen, kann ich nur raten, sich gut vorzubereiten. Die Tapering-Methode war für mich der Schlüssel zum Erfolg. Auch wenn der Prozess schmerzhaft und langwierig war.
Ich möchte Betroffenen Mut machen: Es gibt einen Weg heraus, auch wenn er manchmal unerträglich scheint. Bleibt geduldig, informiert euch gut und glaubt an eure eigene Stärke. Denn das Gefühl, dass der Normalzustand wieder langsam erreicht wird, ist unbezahlbar.
Hallo Erik ,
hab ich es richtig verstanden das du in 0,5 mg Schritten nach unten gegangen bist und jeweils 2 Monate bei der Dosis geblieben bist ?
Ich lasse mir von einem anderen Medikament Kapseln herstellen und mein Versuch 1 mg zu reduzieren ist ziemlich schwer.
Hast du noch Einschränkungen oder kannst du wieder ein normales Leben führen?
LG von Claudia