Medikamentenfreiheit: Der Weg von Olivia

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Mein Name ist Olivia, weiblich und 2024 bin ich 37 Jahre alt.

Hier ist eine kurze Zusammenfassung meiner Geschichte zum Stand September 2024. Denn vorbei ist sie noch lange nicht. Und kurz ist die kurze Zusammenfassung eigentlich auch nicht.

– 01 – 09 2017 Depressionen, die immer schlimmer wurden, weil trotz psychosomatischen Klinik Aufenthalt, ambulanter Therapie und Hausarzt zu lange entweder komplett falsch oder nicht ausreichend behandelt wurde. Bis ich dann im August 2017 mit schweren Depressionen in der psychiatrischen Notaufnahme gelandet bin. Ab da wurde ich das erste Mal richtig ernst genommen und behandelt.

– September 2017, stationärer Aufenthalt in der Psychiatrie, Venlafaxin 150mg eindosiert, schnelle und sehr sehr gute Wirkung mit leider vielen Nebenwirkungen, aber das war alles besser als es mit den Depressionen war. Man kann wirklich sagen, dass Venlafaxin mich gerettet hat. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich damals nicht wusste, dass es so schwer werden würde, wieder davon loszukommen. Es hat ein paar Monate gedauert, bis auch alle körperlichen Symptome weg waren. Dann konnte ich mit einer Wiedereingliederung beginnen. Von Ende März 2018 bis Ende Mai 2019 war ein normales Arbeiten und Leben möglich. Und es ging mir trotz Nebenwirkungen richtig gut.

– September 2018 Beginn Ausschleichen. Nach einem Jahr, wie mir gesagt wurde. Der Wunsch, es weg zu haben, da drei große Nebenwirkungen für mich nicht mehr tragbar waren. Massive Verstopfung, Gewichtszunahme von 21 Kilo und extreme innere Unruhe.

– Reduzierung in 37.5mg Schritten ca. alle 8 Wochen. Für meinen damaligen Wissensstand und allem, was mir bis dahin erklärt wurde, war das langsames Ausschleichen. Auch wusste ich nicht, dass man die Kapseln öffnen kann und sich der retard Überzug auf den kleinen Kugeln befindet und man hätte langsamer runter gehen können. Ich hatte es allerdings auch „eilig“ davon loszukommen.

– März 2019 endlich bei 0, in den Monaten davor ein paar leichte Entzugserscheinungen, wie Reizbarkeit und in den ersten Tagen ein bisschen Schwindel und Übelkeit. Steigerung des Verlangens nach Zucker. Ein Teil der 21 kg kamen auch in der Zeit dazu. War aber alles machbar und weiter arbeiten konnte ich auch. Obwohl ich gemerkt habe, dass ich schneller an meiner körperlichen Grenze bin und erschöpfter bin. Habe damals aber tatsächlich keine Verbindung zum Ausschleichen gezogen. Auch habe ich Alkohol plötzlich überhaupt nicht mehr vertragen und es ging mir richtig schlecht danach. Heute weiß ich, dass auch das Entzugserscheinungen waren.

– Dann ging es mir 12 Wochen richtig gut. Stimmung super, keine Nebenwirkungen mehr, vom Gefühl her keine Entzugserscheinungen, ich habe langsam angefangen wieder abzunehmen.

– Ende Mai 2019 auf einen Schlag heftige Symptome, vor allem extreme Schwäche, Schwindel, Unwohlsein und Magen Darm Symptome. Da die Symptome ähnlich wie bei der Depression waren (die war bei mir vor allem am Anfang extrem körperlich), habe ich es als Rückfall gewertet. Der Psychiater hat das auch so bestätigt.

– Mit dieser Annahme den schlimmsten Fehler gemacht, den ich hätte machen können. Venlafaxin 150mg wieder rein und noch Mirtazapin 15mg dazu

– Die ganze weitere Zeit ging es mir dreckig. Immer in der Annahme, ich hätte wieder eine Depression und die Medikamente wirken nicht richtig. Dass man Monate nach dem Absetzen einen protrahierten Entzug entwickeln kann und vor allem die Entzugserscheinung mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei Wiedereindosierung nicht weggehen, wenn man schon so lange bei 0 war, wusste ich alles noch nicht und sollte es auch erst Jahre später rausfinden und plötzlich für alles eine Erklärung haben.

– Und es ging mir weiter über viel Monate dreckig und es sind immer mehr Symptome dazu gekommen. Auf der verzweifelten Suche nach Erklärung und Hilfe im Juli 2019 Mirtazapin von 15mg auf 30mg hoch und im Februar 2020 Venlafaxin von 150mg auf 225mg hoch. Keine Verbesserung. Der einzige Trost war, dass ich dieses Mal deutlich weniger Nebenwirkungen hatte trotz zweier Medikamente. Und auch, wenn der Appetit nicht so ganz normal war, ich von den 21kg, die ich zugenommen hatte bis Mai 2020 18kg wieder unten hatte.

– Unterstützung von Ärzten null. Dass ich meine Krankmeldung bekommen habe, war auch alles.

– Von Mai 2020 bis Juli 2020 ging es mir dann plötzlich deutlich besser und die Symptome, vor allem die Fatigue, waren deutlich besser. Das war dann 15 Monate nach dem ersten Mal 0. Kurzzeitig war es fast schon wieder normal. Und ich dachte, die Venlafaxin Erhöhung von Februar würde endlich anschlagen. Und dann ging es mir schlagartig für Wochen wieder richtig dreckig. Diese hin und her mit mal besser und schlechter mit neuer Hoffnung und wieder einen riesen Schlag ins Gesicht, wenn es dann wieder schlechter wurde, war die ganze Zeit so. Aber im August 2020 war es besonders schlimm. Von Wellen und Fenstern des Entzugs zu wissen, war ich damals noch weit entfernt. Mental war damals vor allem diese Ungewissheit sehr schlimm. Heute geht es mir nach dem zweiten Absetzen kaum besser, aber ich kann ganz anders damit umgehen, weil ich weiß, was es ist und wie ein protrahierter Entzug verläuft. Mit dieser Akzeptanz lässt sich ganz anders „arbeiten“.

– Im Zuge dieser großen Verschlechterung weiter auf der verzweifelten Suche nach Antworten, wurde beim Kardiologen eine Herzinsuffizienz entdeckt. Ich dachte, ich hätte jetzt die Antwort. Dem war aber natürlich wieder nicht so. Dennoch war dabei gut irgendwo auch noch auf meinen Instinkt zu hören. Dass man sehr wohl auch noch somatische Erkrankungen bekommen kann, auch wenn ja alles gleich Psyche ist, wenn man da einmal offiziell was hatte. Keine Ahnung, woher die Herzinsuffizienz kam. Wahrscheinlich von den grippalen Infekten, die ich zu Anfang der Depression hatte. Ich habe für ein paar Monate Medikamente bekommen und die Pumpleistung hat sich dadurch wieder normalisiert. Ich habe regelmäßig Ultraschall Kontrollen und da ist bis heute alles normal. Wenigstens das.

– September 2020 langsam der Gedanke zumindest das Mirtazapin muss weg. Das ist anders als 2017/18. Vielleicht wirkt deswegen das Venlafaxin nicht richtig. Die verzweifelte Suche nach Antworten damals war wirklich schlimm. Nach der Psychiaterin (der andere Psychiater war inzwischen in Rente) sollte ich direkt halbieren und zwei Wochen später ganz raus. Ich war entgeistert über dieses Tempo und habe ihr gesagt, dass ich es gerne mit mehr Zwischenschritten machen möchte. Sie war zwar skeptisch, hat mir aber das Rezept für die Zwischendosis Mirtazapin gegeben. Ich habe dann zumindest über 2 Monate ausgeschlichen. Viel zu schnell im Nachhinein. Aber auch damals keinerlei Wissen über Entzug, wie tief ich drinstecke und quasi auf den noch immer vorhandenen Venlafaxin Entzug noch einen Mirtazapin Entzug gesetzt. Immer mit der Hoffnung, wenn das Mirtazapin erstmal weg ist, geht es mir wieder gut. Dem war natürlich nicht so. Es ging mir erst mal noch viel schlechter.

– November 2020 Mirtazapin auf 0, ein paar Tage später heftige Entzugserscheinungen, die schlimmsten viel Übelkeit, Schwindel und der Beginn ständig wiederkehrender Grippe Symptome, die mich Tagelang ausgeknockt haben.

– Da kam mir das erste Mal der Gedanke, dass das Im Mai 2019 vielleicht auch Symptome vom Absetzen waren. Ich habe es zwar trotzdem nicht verstanden, weil demnach ja die Symptome mit wieder nehmen des Venlafaxins hätten weg gehen müssen. In den Monaten danach haben die Psychiaterin und Hausärztin wie irre auf mich eingeredet, dass es ja gar nicht sein könnte, dass es mir vom Absetzen so schlecht ginge. Das hätten sie ja noch nie erlebt etc. Das war so heftig, dass ich es schon selbst nicht mehr geglaubt habe.

– März 2021 endlich richtige Besserung. Dann hatte ich über 1.5 Jahre ein deutlich besseres Entzugsnormal. Es gab zwar immer wieder ein paar Tage, die es mir richtig dreckig ging. In der Regel, wenn was war. Zum Beispiel nach jeder der drei Corona Impfungen, nach jeder Eiseninfusion (dazu später mehr) und nach jedem Schritt, den ich das Venlafaxin wieder reduziert habe. Insgesamt konnte ich aber deutlich mehr machen und leben als die zwei Jahre davor. Normal war es nie und es hat auch nie für Arbeiten gereicht. Im Oktober 2021 hatte ich auch einen Arbeitsversuch, musste die Wiedereingliederung aber nach einem Tag abbrechen. Der Fehler war die Hoffnung, dass es schon irgendwie geht, auch wenn es mir nicht ganz gut geht und ich noch viele Symptome habe.

– Auch wenn ich weitem noch nicht Bescheid wusste, ist, als es dann im März 2021 besser wurde der Wunsch gestiegen mit dem Venlafaxin zumindest wieder auf die ursprünglichen 150mg runter zu gehen. Also habe ich wieder reduziert. Dieses Mal aber in kleineren Schritten. Ich hatte die Kapseln mit den 12.5mg Kugeln drinne. Zumindest darüber wusste ich inzwischen Bescheid. Nur war es dieses mal so, dass ich im Gegensatz zum ersten Mal Reduzieren, schon bei jedem Schritt viele starke Symptome hatte. Meist aber nur für ein paar Tage richtig schlimm und dann wieder das bessere Entzugsnormal. Da ich es nicht kannte, habe ich damals auch noch keinen Zusammenhang zu Entzugserscheinungen gesehen. Dadurch bin ich auch ein paar Ma leider wieder hoch, weil ich dachte, dann komme ich mit weniger Wirkung halt nicht klar.

– Nachdem der Arbeitsversuch im Oktober 2021 gescheitert war, habe ich mich wieder auf die Suche nach Erklärungen begeben, warum es mir so schlecht geht. Im Zuge dessen bin ich auf einen Eisenmangel aufmerksam geworden, den ich dann in einem Eisenzentrum, teuer privat bezahlt, habe mit Infusionen behandeln lassen. Dort haben sie auch noch diverse Elektrolyt und Nährstoffmängel festgestellt. Also habe ich die Monate darauf so einiges an NENs eingeschmissen, die alles wieder schlimmer gemacht haben. Ich habe zwar vorher schon mehrfach festgestellt, dass ich einige Sachen , Essen, nicht so vertrage wie sonst, dass die Unverträglichkeiten und das triggern vom ZNS so massiv sein können, wusste ich natürlich noch nicht. Nach ein paar Monaten bin ich also auch damit nicht weitergekommen, habe außer den leichten Eisentabletten zur Periode, Nichts mehr genommen. Und wieder auf der Suche nach Erklärungen. Wie mich Hausärztin und Psychiaterin dieser Zeit behandelt haben, brauche ich wohl kaum sagen.

– Von Oktober 2021 bis Mai 2022 habe ich noch mal eine ambulante Verhaltenstherapie gemacht. Es hat zwar gut getan zu reden, aber wirklich was gebracht hat es nicht. Sie haben mir zwar einigermaßen geglaubt, aber es war auch da offensichtlich, dass es eine gewisse Skepsis gibt und haben mir dann nach Ablauf der ersten Stunden gesagt, dass sie nur eine Begleitung über das Ausschleichen und den Entzug nicht machen. Wenn wir weiter machen, dann nur mit „der Forschung “ daran, dass meine Probleme aus meinem „Inneren“ kommen. Mir war aber zumindest klar, dass es am Venlafaxin und dem Ausschleichen und Absetzen liegt. Auch, wenn ich da noch lange nicht den Wissensstand von heute hatte. Also hatte sich das schnell wieder erledigt.

– Stand März 2022. Ich weiß nicht, woher der Wunsch kam, aber plötzlich war für mich klar, wenn ich jemals wieder ganz gesund werden will, muss das Venlafaxin ganz weg und nicht nur auf die 150mg zurück. Also habe ich mit dem „forcierten“ Ausschleichen angefangen. Im Schnitt etwa alle 5 Wochen um 12.5mg runter. Mir kam das klein genug vor. Dass mit jedem Mal damit der prozentuale Anteil den ich von der aktuellen Dosis reduziere immer grösser wird, war mir auch da noch nicht klar. Anfangs hatte ich nur leichtere Entzugserscheinungen, die zu den vorhandenen dazu kamen. Die ganze Zeit über als Hauptprobleme Fatigue Syndrom, Übelkeit, Schwindel, Zittern, Grippe Symptome und noch viele mehr. Aber ich war insgesamt zumindest noch einigermaßen körperlich und mental belastbar. Dazu kam leider, dass mit dem richtigen Ausschleichen das Sättigungsgefühl flöten ging und das Verlangen nach Zucker richtig abartig wurde. Ich habe im Verlauf des nächsten Jahres also wieder 17kg zugenommen.

– August 2022 waren die 12.5mg runter wohl zu viel und es ging mir insgesamt dauerhaft viel schlechter und das bisschen noch vorhandene Lebensqualität war auch so gut wie weg. Zähne zusammengebissen und weiter durchgehalten und reduziert.

– Dann endlich habe ich das Wunderforum PsyAb entdeckt. Plötzlich hatte ich für alles Antworten und Erklärungen. Und ich dachte nur, da steht einfach alles, was ich die letzten Jahre hatte, habe. Alle, wirklich alles Symptome, das Wellen Fenster Muster wurde erklärt. Dass eine Wiedereindosierung nicht mehr unbedingt gegen den Entzug hilft etc. Auch wenn es für das Ausschleichen und alles andere schon zu spät war, hat es mir sehr geholfen. Zu verstehen, was man hat und Erfahrungsberichte anderer zu lesen, hat einfach alles verändert. Ich hatte zwar schon öfter in die Richtung gegoogelt, aber das meiste, das man findet ist eher das, was die Psychiaterin mir einprügeln wollte.


– März 2023 endlich auf 0

– Beim ersten Ausschleichen waren es über 6 Monate. Beim zweiten Mal über 2 Jahre. Und doch war es viel zu schnell.

– Nach 5 Wochen eine richtig gute Verbesserung der Symptome

– Nach 8 Wochen wieder heftiger Symptomschlag

– Seitdem eine elende Quälerei. Mal kleine Fenster, dann aber jedes Mal noch stärkere Wellen. Insgesamt sehr schlecht. Natürlich weiterhin komplett arbeitsunfähig, finanzielle Situation wird immer schlimmer

– September 2023 erste anhaltende Verbesserung, Hoffnung geschöpft
– Oktober 2023 heftiger Symptomschub. Im November noch einmal ein noch heftigerer Symptomschub.

– Den ganzen Winter schlimmste Quälerei

– März 2024 Stück für Stück spürbare Verbesserungen, wieder neue Hoffnung, dass es langsam vorwärts geht

– Mai 2024 wieder heftiger Symptomschub, der mich wieder in allem zurück geworfen hat. Im Nachhinein mit reinen Fakten betrachtet allerdings weniger schlimm als die im Winter.

– Seitdem immer wieder mal ein paar bessere Tage, an denen ich zumindest ein bisschen leben kann und dann wieder sehr schlechte Tage…

– Im Moment, Ende August 2024, habe ich das Gefühl, dass sich wieder ein neuer Schub ankündigt und es geht mir einfach nur miserabel. Meine Hoffnung, vielleicht in einem Jahr oder so wieder arbeiten zu können, wieder zerschlagen und ich bin einfach nur am verzweifeln… Ich weiß nicht, was ich noch machen soll und es kommt mir vor, als würde es mein restliches leben so bleiben. Dass es Entzug ist, ist klar, auch wenn es meine Psychiaterin komplett leugnet. Eine Hilfe war sie nie. Bei den letzten 2 Terminen hat sie mich eigentlich nur noch richtig blöd angemacht und gemeint, Es wäre längst bewiesen, dass es sowas nicht gibt. Und es wäre eine somatoforme Störung. Ich glaube nicht, dass ich nochmal hingehe. Das zieht mich nur runter.

– Positiv ist, dass ich seit 1.5 Jahre in einer neuen Hausarzt Praxis bin, bei der man mir zuhört, mich ernst nimmt und mir glaubt, mich unterstützt in allem, was ich brauche und ich ohne Diskussion meine Krankmeldungen bekomme. Das hilft schon sehr.

– Als es mir im August wieder so viel schlechter ging, habe ich das erste Mal auch meine Geschichte in das Forum gestellt und es tut wirklich gut, mit anderen Betroffenen direkt zu sprechen.

Fazit Stand September 2024.

Ich habe schon einen sehr langen Weg hinter mir. Wie lange der Weg vor mir noch ist, weiß ich nicht. Inzwischen wurden mir fast 5.5 Jahre meines Lebens durch den Entzug genommen. Fakt ist aber, ich kann verdammt stolz auf mich sein, was ich die letzten Jahre alles geschafft habe, wie ich mich der jeweiligen Situation angepasst habe, wie ich meinen Tag mit sinnvollen Tätigkeiten füllen kann, mich nicht beirren lassen und mich mit eisernem Willen vorwärts kämpfe.
Denn eines weiß ich inzwischen auch sicher. So schreckliche, wie alles ist, jeder wird irgendwann gesund. Da könnte es einem mit anderen Krankheiten viel schlimmer treffen.
Geholfen hat mir und tut es auch jetzt noch, mich auf das zu konzentrieren, was geht und nicht, Was nicht geht. Einen Tag nach dem anderen zu nehmen. Ich bin dankbar, dass ich fast immer lesen und malen kann. Das füllt einen Großteil meiner Zeit. Auch bin ich dankbar, dass fast alle Entzugserscheinungen Körperlich sind. Depressive Verstimmungen, Ängste, Unruhe etc. habe ich nur manchmal leicht und kurz. Das alles lässt sich ertragen, wenn die Stimmung neutral bis gut ist.
Auch bin ich jetzt seit 1.5 Jahren ohne Medikamente und ich finde es immer wieder erstaunlich, dass die Stimmung so gut ist, obwohl ich so wenig leben kann. Das lässt mich sehr optimistisch in eine Zukunft ohne Depressionen und Medikamente sehen.
Ja, wenn wieder stärkere Wellen kommen, ist die Hoffnung mal wieder weg, wenn ich aber wirklich auf die Fakten schaue, wird in den letzten 6 bis 8 Monaten an vielen Stellen einiges besser. Es hat mir geholfen immer wieder aufzuschreiben, was schon besser ist, um es lesen zu können, wenn es sich mal wieder nicht so anfühlt. Vor allem, bei dem für mich schlimmsten Symptom, die Fatigue, tut sich nur sehr wenig. Daran hängt halt doch sehr viel Lebensqualität.
Ich habe in den letzten 5.5 Jahren, die ich krank zu Hause bin, 2 mal Venlafaxin abgesetzt und 1mal Mirtazapin. Ich habe verdammt viel geschafft. Ich weiß nicht, ob es noch ein oder zwei Jahre oder sogar noch länger dauert, bis ich gesund bin. Aber auch das werde ich schaffen. Auch, wenn mein soziales Umfeld in den letzten Jahren sehr geschrumpft ist, es gibt noch genug Leute, die mir glauben und mich unterstützen. Diese Menschen geben mir sehr viel mentale Kraft. Denn das Gemeine, die wenigstens Symptome kann man von außen sehen. Das hat schon oft zu Zweifeln anderer und dummen Kommentaren geführt.
Ich lege sehr viel Wert drauf einmal am Tag vor die Tür zu kommen und spazieren zu gehen. Die Länge fällt sehr unterschiedlich aus. Insgesamt gibt mir das aber auch Entspannung und mentale Kraft.
Auch geholfen hat mir, seit ich weiß, was ich habe, die Akzeptanz damit. Ja, es ist seit Jahren eine elende Quälerei, aber ich kann es nicht ändern, dass ich zu den Menschen gehöre, die so große Probleme mit dem Absetzen haben. Ich brauche viel Geduld und kann nur Tag für Tag das Beste aus dem machen wie es ist. Auch gibt es oft Tage, an denen es mitten am Tag besser oder schlechter wird. Auch dann gilt Anpassen als das Beste, was ich machen kann.
Auch habe ich von den 17kg, die ich wieder zugenommen hatte zumindest 9kg wieder runter. Tendenz Im Moment Zum langsam vorwärts gehen.
Positiv bei allem ist tatsächlich, dass ich meinen Arbeitsvertrag noch habe, ein Vorteil als Krankenschwester, und meine Chefs haben mir in den letzten Jahren öfter gesagt, dass ich jederzeit wieder herzlich willkommen bin. Ich bin auch festentschlossen wieder zu meiner alten Arbeit zurück zu kehren!!!!!

Ich kann nur sagen, es ist verdammt hart, in der Psychiatrie muss sich so einiges ändern, aber jeder wird gesund!!!!

Die Liste aller Entzugssymptome ist sehr lang. Einige sind inzwischen etwas schwächer oder kommen seltener. Manche sind immer da, manche nur in den Wellen und manche werden in den Wellen stärker und sind in den Fenstern schwächer. Dennoch ist es nach wie vor ein großes Sammelsurium.

Hier die wichtigsten:

– Extreme Fatigue, körperlich wie vom Kopf her und heftige Nachwehen, wenn ich mich überanstrengt habe. Also geringe körperliche und mentale Belastungsfähigkeit mit überproportionalem Muskelkater. Starke Müdigkeit.

– immer wieder heftige Grippe Symptome, die mich Tagelang außer Gefecht setzen. Ich muss aber langsam sagen, sie kommen seltener und werden etwas schwächer.

– Viel Schwindel, Übelkeit, Unwohlsein, Zittern, Missempfindungen im ganzen Körper, allgemeines Krankheitsgefühl, wackelig auf den Beinen. Oft allgemein das Gefühl, dass mir einfach nur elend ist und alles eine Quälerei ist.

– brennende Nervenschmerzen in Armen und Beinen, immer wieder Rückenschmerzen

– Stromschläge, Zuckungen

– extreme Schlafstörungen, vor allem Einschlafprobleme Und häufiges nächtliches Erwachen, dabei auch immer Unterschiede. Wellenartig regelmäßig Nächte, in denen ich fast gar nicht schlafen kann, die meisten Tage ist es aber erträglich.

– Großes Verlangen nach Zucker, zum Teil fehlende Sättigung, Gewichtszunahme 2022 von 17 Kilo

– Seit Dezember 2021 täglich Nasenbluten

– Konzentrationsprobleme, unterschiedlich stark wechselnd verminderte Aufnahmefähigkeit

– Bei sehr starken Symptomeschüben Appetitlosigkeit

– Juckreiz, Ausschläge, Stresspickel, Quaddeln

– verschwommenes Sehen, trockene und gereizte Augen, allgemein das Gefühl schlechter zu sehen

– Nach dem Aufstehen zwar keine Antriebslosigkeit, aber die Schwäche ist da schlimmer und ich brauche sehr lange, bis ich mit allem fertig bin, brauche vielen Pausen, über den Tag verteilt auch immer wieder. Ich musst mit der Tagesform abhängigen Kraft haushalten und Prioritäten setzten, was am wichtigste ist

– Manchmal ein bisschen Ängste, Unruhe, ungutes Gefühl und ganz leichte depressive Verstimmungen

– starkes Schwitzen mit strengem Geruch

– Unverträglichkeit einiger Nahrungsergänzungsmittel, Nahrung und Medikamente mit denen ich nie Probleme hatte

– Atemprobleme, auch in absoluter Ruhe nicht möglich richtig durchzuatmen. Bei Anstrengung manchmal ein echt verzweifeltes Ziehen nach Luft. Seit August 2019. Kam also Monate nach dem ersten Absetzen. Durch diese Atemprobleme hatte ich sehr große Probleme mit den Masken zur Corona Zeit. Wenn sich das Tragen mal nicht hat vermeiden lassen, ging es mir danach immer richtig dreckig. Mit mehr Übelkeit, Schwindel und Unwohlsein. Auch das wurde von den Ärzten belächelt und ich soll mich nicht so anstellen.

– Bauchschmerzen immer wieder und Verdauungsstörungen, heftiges Aufstoßen und Flatulenzen, allgemein sehr überreizter Magen, selten leichten Durchfall

– Kopfschmerzen immer wieder mal ziemlich heftig, ekliges Druckgefühl im Kopf und oft das Gefühl, dass alles einfach nur zu viel ist.

– Immer wieder Kribbeln, Taubheitsgefühle, Ohrenrauschen

– immer wieder mal Benommenheit und groggy im Kopf

– immer wieder mal Herzrasen und Engegefühl in der Brust

– immer wieder Krampfartige Schmerzen im Halsbereich für ein paar Tage

– immer wieder komischer Geschmack im Mund, immer Mundtrockenheit

– immer wieder Reizhusten und einen sehr trockenen Hals, bei dem nur Bon Bon lutschen hilft

– Reiz, Geräusch und Geruchsempfindlichkeit

– Immunsystem arbeitet deutlich schlechter, richtige Erkältungen dauern länger als üblich ( schon 2019, also kein Bezug zu Corona )

– heftigere Nebenwirkungen bei Impfungen und Infusionen

– Verlangsamte Wundheilung

– Manchmal das Gefühl komplett neben mir zu stehen

– ganz selten leichter Reflux

– Manchmal Gedächtnisprobleme, Probleme mir neue Informationen zu merken

– Krämpfe in den Beinen

– nah am Wasser gebaut, wenn in einem Film oder Buch etwas besonders traurig oder schön ist

– kurz nach dem zweiten Absetzen hatte ich Stimmungsschwankungen und Wut, Aggressionen. Gott sei Dank ging das nicht lange.

– oft Wechsel zwischen frieren und schwitzen, auch im Winter glüht der Körper aber mir ist trotzdem kalt

– Hoffnungslosigkeit bei stärkeren Wellen und Optimismus in den Fenstern

– Einfluss auf den Zyklus. Symptome zum Eisprung und deutlich mehr Beschwerden und Quälerei vor und während der Periode

– starker Hang zu Wassereinlagerungen, vor allem zur Periode und zum Eisprung, deutlich mehr als es vor dem Entzug der Fall war

– in den Zeiten, in denen es schon etwas besser war, habe ich kleine Mengen Alkohol getrunken. Extreme Nachwehen mit Müdigkeit und Schwäche, die in keiner Relation zur getrunkenen Menge standen

– Im Sommer 2020 habe ich durch den Entzug einen Kleienflechtenpilz auf der Haut entwickelt. Der lässt sich mit einer antimykotischen Salbe zwar gut behandeln, gehört aber leider zu der Sorte Hautpilz, die immer wieder kommt und mir wohl für den Rest meines Lebens erhalten bleiben wird. Nicht schlimm, aber sehr nervig

– Immer mal wieder einen richtigen Kreislaufkollaps, bei dem mir schwarz vor Augen wurde. Völlig aus dem Nichts. Gott sei war ich meistens zu Hause.

– Kribbeln unter der Kopfhaut. Stellenweise auch an anderen Stellen. Zum Teil wie Ameisenlaufen.



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