Irrtum: Antidepressiva machen nicht abhängig

Irrtum: Antidepressiva machen nicht abhängig.

Phil Lawrence berichtet über seine Absetzprobleme in der Dokumentation Numb.

Phil Lawrence hat seine Absetzprobleme in einem Film dokumentiert.

Irrtum: „Antidepressiva erzeugen keine Abhängigkeit“

Jeder Beipackzettel beschreibt Absetzschwierigkeiten – Was ist der Unterschied zu einer Sucht?

Die Definition von Sucht wurde geändert. Von einer Sucht darf ein Arzt nur sprechen, wenn die eingenommene Menge ständig gesteigert wird, eine Gesundheitsgefährdung bei fortdauerndem Konsum besteht oder andere Dinge, wie Beschaffungskriminalität, hinzukommen.

Das zwanghafte Verhalten, eine Substanz weiterhin einnehmen zu müssen – unter dem auch Mitmenschen sehr leiden – ist nicht mehr der entscheidende Baustein der Sucht-Definition. Die Forscherin Margrete Nielsen hat im Jahr 2012 gezeigt, dass noch in den 60er Jahren eine andere Definition von Sucht vorlag. Diesen Kriterien zufolge hätte man die Schwierigkeiten, die sich beim Absetzen von Antidepressiva zeigen, als Sucht bezeichnen dürfen.

Antidepressiva rufen – wenn man versucht sie abzusetzen – ein starkes körperliches Entzugssyndrom hervor. Die erste Beschreibung findet sich bereits in dem Artikel über das erste „Antidepressivum“ Imipramin von 1957. Kuhn nennt es „Abstinenzerscheinungen“:

„Von besonderem Interesse [das heißt: Achtung!] ist jedoch das Auftreten einzelner der erwähnten Symptome beim Zurückgehen der Dosierung, beim plötzlichen Absetzen und wenn das Medikament in größeren Abständen, etwa nur 1mal im Tag, genommen wird.“
Kuhn, 1957 S. 1138

Aktuell beschreiben Ärzte die schweren Entzugserscheinungen von Antidepressiva als „SSRI-Absetzsyndrom“ mit den Ziffern A00-R99 und Y49.2, die alten TZAs unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von den neueren Antidepressiva.

Die Entzugserscheinungen sind schwerwiegend. Häufig sind chronische Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Schwindel, sowie motorische Störungen, Muskelkrämpfe, Verdauungsprobleme und Schlafstörungen. Der Entzug der Medikamente kann sogar eine Depression und Suizidgedanken auslösen.

Es wäre sinnvoll Patienten vor dem Ansetzen der Mittel auf Schwierigkeiten beim Absetzen hinzuweisen. Insbesondere, da die Symptome bei über der Hälfte der Patienten auftreten. Aber das geschieht nicht, stattdessen wird den Patienten stets versichert, dass die Medikamente gut verträglich sind, keine Abhängigkeit erzeugen und kaum Nebenwirkungen haben.

Ärzte deuten die Absetzsymptome in den meisten Fällen als Wiederkehr der Depression.

In den meisten Fällen erhält der Patient das Präparat beim Auftreten von Absetzsymptomen erneut oder sogar in einer höheren Dosierung („Weil die Depression ja noch nicht abgeklungen ist.“). Wenn der Patient Pech hat, verschreibt ihm der Arzt noch zusätzlich ein Antipsychotikum. Damit hat der Patient dann ein Problem mehr.

Weitere unabhängige Quellen zum Thema: Abhängigkeit von Antidepressiva:
Medizin transparent
informiert über das Absetzen
Antidepressiva absetzen ist Entzug

Häufig nehmen Patienten aufgrund der schweren Absetzerscheinungen die Medikamente über viele Jahre und gehen nur zum Psychiater, um sich ein neues Rezept zu holen. Für Patienten in den USA ist folgendes dokumentiert:

Der staatliche Gesundheitsbericht der USA für die Jahre 2005-2008 zeigt:

11 Prozent der Bevölkerung über 12 Jahre nimmt regelmäßig Antidepressiva ein. Antidepressiva sind die am zweithäufigsten verschriebenen Medikamente des Landes. Mehr als 60 Prozent der Konsumenten nehmen die Medikamente bereits seit über zwei Jahren ein. 14 Prozent nehmen die Medikamente seit über 10 Jahren ein. Weniger als ein Drittel der Antidepressiva-Konsumenten haben im vergangenen Jahr einen Psychiater aufgesucht.

Infos zum SSRI Absetzsyndrom

http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/2569153
http://www.arznei-telegramm.de/zeit/0311_a.php3

Häufige Fehldiagnosen beim SSRI Absetzsyndrom lauten: Myocardinfarkt, Lungenemboli oder Transitorische ischämische Attacke (TIA).

    

Weitere Informationen: Selbsttest der Stiftung Warentest

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