Exklusiv: Frau 60plus geht zum Arzt, kommt mit Antidepressiva zurück

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Wenn 60jährige Frauen zum Arzt gehen, erhalten Sie Antidepressiva – aber was soll dadurch besser werden?

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Jeder 8ten älteren Frau in Deutschland werden Antidepressiva verordnet. Die heutige Arztgeneration glaubt, dass man Sorgen, Existenzängste und Einsamkeit mit Veränderungen am Serotoninsystem wegtherapieren kann – obwohl die evidenzbasierte Medizin herausgefunden hat, dass eine Depression und Serotonin nichts miteinander zu tun haben.
Eigentlich empfehlen Ärztekammern Medikamente nur dann anzuwenden, wenn es wissenschaftliche Belege für einen Nutzen gibt.
Die Leidtragenden sind die, die die Medikamente einnehmen müssen und unter den nicht berichteten Nebenwirkungen leiden.
Für Patienten mit existentiellen Problemen verbessert sich durch die Einnahme der Tabletten nichts.

Zur Studie
im BMJ
10/2016

In Deutschland verschreiben Ärzte jeder achten Frau über 60 Jahre Antidepressiva. Das ist das Ergebnis der DEGS1 Studie des Robert Koch Instituts. Zur Studie

Antidepressiva sind die am häufigsten verschriebenen Psychopharmaka bei über 60-jährigen in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des Robert Koch Instituts. Demnach werden acht Prozent der älteren Menschen mit Antidepressiva behandelt. Es zeigt sich ein großes Ungleichgewicht: Frauen werden fast vier Mal so häufig Antidepressiva verschrieben, wie Männer. Die Daten zeigen: 3,4 Prozent der Männer und 11,8 Prozent der Frauen werden mit Antidepressiva behandelt. Das entspricht einer Zunahme um den Faktor 3,8. Besonders häufig erhalten zudem Menschen, die alleine leben, antidepressive Medikamente. Eine alarmierende Entwicklung: Frauen wurden im Vergleich zu 1998 doppelt so häufig Antidepressiva verschrieben, obwohl keine wirksameren Medikamente als vor 20 Jahren zur Verfügung stehen.

Die Anzahl an Frauen, die mit Antidepressiva behandelt werden hat sich im Vergleich zu 1998 verdoppelt.

Nur alle 15 Jahre werden in Deutschland Studien veröffentlicht, die Aussagen über den Medikamentenkonsum der „normalen“ Deutschen machen. Solche Studien sind sehr aufwendig, da sie anhand von Bevölkerungsstichproben erfolgen. Der Vorteil: Sie erlauben grundsätzliche Aussagen, die für alle Deutschen gelten.

Depression-Heute hat zwei Jahre lang auf diese Studie von Hiltraud Knopf und ihren Kolleginnen gewartet. Eigentlich sollten die Ergebnisse in das Buch „Unglück auf Rezept“ einfließen, doch erst diese Woche haben wir von Frau Dr. Knopf die erlösende E-Mail erhalten: Die Studie ist veröffentlicht. Jetzt darf über die Ergebnisse geredet werden. Wir wissen seither:

Wenn eine über 60-jährige Frau zum Arzt geht, bekommt sie Antidepressiva verschrieben. Bei Männern geschieht dies viel seltener. Wir vermuten, dass es einen einfachen Grund dafür gibt: Männer gehen seltener zum Arzt und wenn sie zum Arzt gehen, reden sie nicht so häufig über ihre psychischen Befindlichkeiten.

Möglicherweise bekommen sogar noch mehr Menschen, als in der Studie aufgeführt, Antidepressiva verschrieben. Die Autoren weisen daraufhin, dass ihre Zahlen vermutlich niedriger sind, als die tatsächlichen Werte. Sie begründen dies mit der Tatsache, dass die Teilnehmer von Bevölkerungsstichproben nur sehr selten in Institutionen untergebracht sind. Doch genau diese Menschen erhalten häufig sehr viele Psychopharmaka.

 

Depression-Heute versucht die zugrunde liegende Frage zu beantworten: Warum verschreiben Ärzte heute doppelt so häufig Antidepressiva, wie 1998?

Heute glauben Ärzte:

  • – Antidepressiva können die Ursache einer Depression bekämpfen.
  • – Irgendwelche biochemischen Prozesse, geschehen 14 Tage nach dem man serotoninverändernde Medikamente gibt und dadurch hört eine Depression auf (allerdings weiß kein Biochemiker welche Prozesse das sein sollen und welche Stoffe beteiligt sein sollen. Wer einen Biochemiker fragt, was 14 Tagen später im Körper passiert, erntet Erstaunen. Biochemie ist eine Angelegenheit von Minuten, maximal Stunden – Aber wozu soll man fragen, wenn man glauben kann?).
  • – Wenn Serotonin erhöht ist, endet eine Depression.
  • – Antidepressive Medikamente verursachen keine Herz-Rhythmus-Störungen und keine sexuellen Funktionsstörungen.
  • – Ein Patient der alleine lebt, benötigt Medikamente.

Früher wussten Ärzte:

  • Antidepressiva wirken bei kaum einem Patienten
  • Medikamente können eine Depression nicht beenden und auch die Zeitspanne, die sie andauern nicht verkürzen.
  • Wenn der Schlaf der Patienten stark gestört ist, helfen Schlafmittel zuverlässig, sie dürfen jedoch nur kurz eingesetzt werden.
  • Nicht jeder Mensch, der Sorgen hat und unter existentiellen Krisen leidet, ist an einer Depression erkrankt – auch wenn er sehr stark leidet.
  • Eine Depression hört auch ohne Behandlung auf.

 

Depression-Heute: Durch das moderne „Glauben“ hat sich das Behandlungsergebnis von depressiven Patienten verändert: Es gibt heute deutlich mehr Krankschreibungen wegen Depressionen und vor allem deutlich mehr Frühberentungen wegen Depressionen.

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