Serotonin

Serotonin

Serotonin – Ein Mythos, der bereits vor langer Zeit widerlegt wurde.

Serotonin

Serotonin

Serotonin gilt als Glückshormon und als Heilmittel für Depressionen. Es heißt, dass jedes antidepressiv wirkende Medikament bewirkt, dass mehr Serotonin über einen längeren Zeitraum im Gehirn verfügbar ist.
Macht „viel Serotonin“
Menschen glücklich?

Biochemische Wirkung

Der dazugehörige biochemischen Mechanismus nennt sich Wiederaufnahmehemmung. Bildlich kann man sich die meisten antidepressiven Medikamente als übergroße Badewannenstöpsel vorstellen. Diese Stöpsel schwimmen ins Gehirn und suchen dort nach Abflüssen, auf die sie passen. Die passenden Abflüsse sind in diesem Fall die Serotoninpumpen.

Die Serotoninpumpen sind eigentlich dafür vorgesehen, dass sie Serotonin, welches eine Zelle zuvor bei ihrer Aktivierung ausgeschüttet hat, wieder aufnimmt. Die SSRI-Stöpsel (antidepressiven Medikamente) lagern sich an diese Pumpen an und verstopfen sie (manche Medikamente zerstören die Pumpen sogar – die MAOIs). Wenn die Pumpen nicht funktionieren, kann das zuvor ausgeschüttete Serotonin nicht mehr aus der Gehirnflüssigkeit in die Zelle aufgenommen werden (Verhinderung der Wiederaufnahme).
Natürlich ist es für eine Zelle vorteilhaft, wenn sie einen ausgeschütteten Botenstoff recyceln kann und dieser nicht aufwendig neu produziert werden muss. Der Mechanismus der antidepressiven Medikamente basiert darauf dieses Recycling zu verhindern. Dadurch schwimmt kurzzeitig etwas mehr Serotonin in der Gehirnflüssigkeit – aber dieser Effekt ist nur von sehr kurzer Dauer, denn bestimmte Enzyme (MAO), die in der Gehirnflüssigkeit dauerhaft vorhanden sind, zersetzen das frei herumschwimmende Serotonin sehr schnell.
Dadurch gibt es keinen zuverlässigen oder dauerhaften Effekt auf die Konzentration des Serotonins im Gehirn. Das bestätigen auch die Messungen des Serotonins in den Studien aber merkwürdigerweise steht das in keinem psychiatrischen Lehrbuch.


Die chemische Synapse

Synapse Gesund-Krank

Dieser Idee zufolge soll in der gesunden Synapse mehr Neurotransmitter schwimmen.
Diese Theorie wurde bereits 1987 (Link) und endgültig im Jahr 2004 (Link) widerlegt.

Das Gehirn ist komplizierter.

Auf eine Erhöhung der Serotoninkonzentration reagiert das Gehirn mit mindestens drei Aktionen:

  • Das Gehirn produziert weniger Serotonin
  • Das Gehirn erhöht seine Fähigkeit Serotonin zu entsorgen
  • Das Gehirn reagiert weniger empfindlich auf Serotonin (es reduziert die Anzahl an Serotoninrezeptoren)

  • Der Mechanismus des Recyclings von Botenstoffen ist seit 1961 bekannt. In den vergangenen 50 Jahren gab es zahlreiche klinische Prüfungen der Serotonin-Hypothese. Keine Prüfung bestätigte die Theorie.

    Neue biochemische Messverfahren zeigen, dass nach Antidepressiva-Einnahme die Serotoninkonzentration bereits nach drei Stunden, im Einzelfall sogar bereits nach 15 Minuten im Gehirn ansteigt.

    Zum Bericht

    „Erst in neuester Zeit hat man jedoch die Frage, ob die beiden im Mittelpunkt des Interesses stehenden Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin überhaupt eine kausale Rolle bei der Depressionsentstehung spielen, mit Nachdruck behandelt und dabei sind etliche Zweifel aufgekommen.“ Florian Holsboer (2009) Biologie für die Seele S. 73.

    Zum Buch von Prof. Holsboer


    Das klinische Bild einer Depression verbessert sich nicht nach der Gabe von Antidepressiva. Nicht nach 15 Minuten und auch nicht nach drei Stunden. Trotzdem hält sich der Glaube an die wunderwirkende Kraft der Serotonin-Modulierer. Warum eigentlich?


    Niemand würde auf die Idee kommen, Aspirin oder ein Schmerzmittel wie Ibuprofen über einen Zeitraum von zwei Wochen einzunehmen – obwohl die Medikamente die ganze Woche über keine Wirkung gezeigt haben.

    Es ist zudem in Vergessenheit geraten, dass die allermeisten nicht-medikamentierten Depressionen nach 2-6 Wochen eine Besserung zeigen. „Das Abwarten“ ist eine bewährte Therapie.

    Prof. Irving Kirsch, assoziierter Direktor des Harvard Institut für Placebo-Studien hat berechnet, dass Besserungen bei leichten und mittelschweren Depressionen, vollständig auf dem Placeboeffekt beruhen – egal welches Medikament der Patient eingenommen hat.

    Zum CBS Bericht (60 Minutes Lesley Stahl)      Zum wissenschaftlichen Bericht von Kirsch


    Die Serotonin-Hypothese wurde widerlegt.

    Nach dem Aufkommen der Serotonin-Hypothese im Jahr 1967 versuchten Psychiater daraus Heilungen abzuleiten. Tatsächlich benötigt man benötigt kein Antidepressivum, um die Serotoninkonzentration im Gehirn zu erhöhen.

    Serotonin ist ein Botenstoff, der im Körper aus Tryptophan hergestellt wird und Tryptophan ist ein Stoff, der in fast allen Lebensmitteln vorkommt. Besonders viel Tryptophan steckt in Sojabohnen, einem sehr preisgünstigen Lebensmittel, aber auch in Erbsen, Weizenkleie und Erdnüssen.

    Als Psychiater ihren depressiven Patienten diese Lebensmittel gaben, bemerkten sie: Nichts. Keine Veränderung der Depression. Nicht nach wenigen Minuten, nicht nach Stunden und auch nicht nach Tagen oder Wochen. Das passierte bereits ab 1966. Es zeigte sich zwar ein Effekt, aber dieser war nur geringfügig verbessert im Vergleich mit Placebos. Die Medikamentenhersteller bestritten das das Serotonin überhaupt im Gehirn ankommt. Damals konnte man die Serotonin-Konzentrationen noch nicht in der Gehirnflüssigkeit eines lebenden Menschen messen.

    Das änderte sich im Jahr 1987. Ab diesem Zeitpunkt bestimmten Forscher immer wieder die Gehirnflüssigkeit von depressiven Patienten. Sie schauten sich die Serotoninkonzentration bei gesunden Patienten und bei depressiven Patienten an. Sie maßen vor der Behandlung und während der Behandlung mit Antidepressiva.

    Erstaunlicherweise hatten die Patienten zum Zeitpunkt der Aufnahme häufig höhrere Serotoninwerte im Gehirn, als zum Zeitpunkt der Entlassung. Auch die Gabe der Medikamente blieb widersprüchlich: Nachdem die Patienten ein Medikament eingenommen hatten, war ihr Serotoninwert nicht zuverlässig erhöht.

    Die Forscher überlegten, ob die Medikamente vielleicht nur bei bestimmten Menschen wirkten. Sie hatten bemerkt, dass es keinen einheitlichen Wert für Serotonin gab. Der Serotoninwert war mal hoch und mal niedrig, egal ob die Leute depressiv oder gesund waren. Es zeigte sich, dass kein Normalwert für Serotonin vorlag. Als letzte Chance überlegten sie, ob nicht vielleicht wenigstens diejenigen depressiven Menschen, die einen niedrigen Serotoninwert aufwiesen, von einer Antidepressiva-Gabe profitieren, die ihren Serotoninwert ansteigen ließ.

     

    Doch auch dieser Versuch schlug fehl. Ein Anstieg von Serotonin beendete auch bei diesen Menschen nicht ihre Depression. Das Medikament hatte zwar, den Serotoninwert erhöht, aber die Menschen waren weiterhin depressiv. Dies war die erste Widerlegung der Serotonin-Hypothese.Zwei weitere Experimente zeigten, dass dies auch für die Absenkung von Serotonin galt:

    Im Jahr 1989 zeigte der Forscher Delgado, das ein Absenken von Serotonin durch eine tryptophanarme Nahrung in gesunden Menschen keine Depression auslöst. Im Jahr 1994 zeigte er, dass eine Absenkung des Serotonin auch bei unbehandelten depressiven Patienten die Depression nicht verschlimmerte.

    Im Jahr 2001 wiederholten Forscher die Versuche und maßen dabei die Serotoninkonzentration im Gehirn. Dadurch bewiesen sie, dass eine serotoninarme Ernährung die Konzentration von Serotonin im Gehirn absenkt. Dieses „weniger“ Vorhandensein von Serotonin im Gehirn verursachte bei gesunden Menschen keine Depression.


    Depression-Heute: Ein hoher oder ein niedriger Serotonin-Wert hat keinen Aussagewert. Kein Psychiater misst den Serotoninwert seiner Patienten – weder vor, noch während der Behandlung mit Antidepressiva. Es gibt keinen Normwert für eine „normale“ Serotoninkonzentration im Gehirn. Ohne Normwert (Referenzwert) gibt es keinen „zu hohen“ und auch keinen „zu niedrigen“ Serotoninwert.

    Kein seriöser Wissenschafter ordnet einem hohen oder einem niedrigen Serotoninwert im Gehirn eine Funktion zu.

    Die Pateinten könnten das Kasperle-Theater um Serotonin ganz einfach durchbrechen, in dem sie den vor ihnen sitzenden Fachmann für Depressionen fragen: Wie hoch ist denn mein Serotonin-Wert jetzt und wie wird der Wert nach einer vierwöchigen Behandlung mit SSRI-Antidepressiva aussehen? Von einem zielgenau wirksamen Präparat, das auf der Wirkung von Biochemie basiert, müsste man präzise Daten erwarten. Jedoch gibt es keine derartigen Daten und vermutlich weiß der Fachmann für Serotonin noch nicht einmal, in welcher Einheit Serotonin in der Gehirnflüssigkeit vorliegt (es sind Pikogramm pro Milliliter). 

    Es gibt nicht nur einen Serotoninrezeptor, sondern sehr viele unterschiedliche Serotoninrezeptorentypen, wie 5-HT1A, 5-HT1B und 5-HT2A oder 5HT2C.

    Die Rezeptoren verhalten sich unterschiedlich in Bezug auf ihre presynaptische oder postsynaptische Aktivierung.

    Die Rezeptoren reagieren unterschiedlich in Bezug auf tonische oder phasische Aktivierung.

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