Deister-Weser-Zeitung vom 13.10.2016

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Deister-Weser-Zeitung vom 13.10.2016: Antidepressiva zu häufig verordnet

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„Jeden einzelnen Menschen, der seelisches Leid erlebt und in seiner Verzweiflung Tabletten dagegen einnimmt, können wir zutiefst verstehen“, betont Dr. Ansari. Niemand brauche sich schlecht zu fühlen, wenn er Psychopharmaka einnehme, sollte sich jedoch nicht als „hoffnungsloser Fall“ fühlen, wenn bei ihm die versprochene Wirkung ausbleibe.

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Vom 13.10.2016

„Antidepressiva zu häufig verordnet“
Coppenbrügger Ehepaar setzt sich in Buch kritisch mit Psychopharmaka-Verordnung auseinander

Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Panikattacken – Menschen mit diesen Symptomen werden immer öfter mit Antidepressiva behandelt. Etwa vier Millionen Menschen in Deutschland verordnete Antidepressiva. Das sei fatal, meint Dr. Peter Ansari. und hat Zusammen mit seiner Frau hat er ein Buch geschrieben.

„Antidepressiva werden viel zu schnell verordnet und den Patienten regelrecht aufgezwungen“, konstatiert er. Seit mehr als zehn Jahren hat der in der Hirnforschung tätige Wissenschaftler theoretisch und praktisch zum Thema Antidepressiva geforscht – unterstützt von seiner Frau Sabine, Heilpraktikerin in Marienau.

Akribisch haben beide in Kellerarchiven von psychiatrischen Anstalten etliche Patientenakten gelesen und die Krankengeschichten miteinander verglichen. Sämtliche verfügbaren alten und neuen Studien wurden unter die Lupe genommen und Betroffene befragt.

„Alle beklagten eine unzureichende Information über Risiken, Nebenwirkungen und Absetzschwierigkeiten“, bedauert Sabine Ansari. Vielen Betroffenen war von Ärzten und Psychiatern versichert worden, Antidepressiva könnten jederzeit problemlos abgesetzt werden. „Das ist eine Falschaussage mit schwerwiegenden Folgen“, betont der Hirnforscher. Ebenso verhalte es sich mit der Behauptung, die Einnahme von Psychopharmaka könne Suizid verhindern. „Antidepressiva bieten keinen Schutz vor Suizid“, appelliert der Wissenschaftler. Suizide seien auch trotz antidepressiver Therapie nicht zu verhindern. Aufklärungsarbeit müsse deshalb oberste Priorität haben.

Aus dieser Motivation heraus hat der Wissenschaftlicher gemeinsam mit seiner Frau ein Buch geschrieben, in dem anhand von Fallbeispielen der Nutzen von Antidepressiva nicht nur in Frage gestellt, sondern als Lüge entlarvt wird. Das Buch mit dem Titel „Unglück auf Rezept – Die Anti-Depressiva-Lüge und ihre Folgen“ ist kürzlich im Klett-Cotta-Verlag erschienen und kann in Buchhandlungen bestellt werden. „Es soll ein leicht verständlicher Ratgeber sein für Menschen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, sowie für deren Angehörige“, so Sabine Ansari. Aber auch für Ärzte und Psychiater sei es empfehlenswert, um „verkrustete Denkmuster“ aufzuweichen.

In dem aus 300 Seiten bestehenden Buch wird dargelegt, dass viele Menschen und ganze Branchen von der schnellen und dauerhaften Verschreibung der Antidepressiva profitieren. „Jeden einzelnen Menschen, der seelisches Leid erlebt und in seiner Verzweiflung Tabletten dagegen einnimmt, können wir zutiefst verstehen“, betont Dr. Ansari. Niemand brauche sich schlecht zu fühlen, wenn er Psychopharmaka einnehme, sollte sich jedoch nicht als „hoffnungsloser Fall“ fühlen, wenn bei ihm die versprochene Wirkung ausbleibe. Für jeden Betroffenen gebe es Alternativbehandlungen. Anhand von wahren Fallbeispielen wird dargelegt, welchen Teufelskreis Betroffene durchbrechen mussten, um von den Antidepressiva loszukommen. Als oberstes Gebot gelte: „Antidepressiva nicht abrupt absetzen, sondern ausschleichen lassen!“ Ein abruptes Absetzen des Medikaments verursache nicht nur psychische und physische Qualen, sondern könne lebensbedrohliche Folgen haben.

Bei einem Fallbeispiel haben die Autoren das Schicksal des Sängers Robbie Williams aufgegriffen. An seinem 35. Geburtstag hat sich der Prominente in eine Klinik in Arizona einweisen lassen, die spezialisiert ist auf den Entzug von Antidepressiva. Trotz mehrfacher Versuche hat es Williams nicht geschafft, das Medikament aus eigener Kraft abzusetzen, das für ihn lange Zeit als „lebensrettend“ gegolten hatte. Viel zu spät erkannte er seine körperliche Abhängigkeit. „Er bezeichnete diese Erfahrung als Höllenqual“, schreiben die Autoren in ihrem Buch.

„Viele Irrtümer über Antidepressiva werden auch heute noch verbreitet und halten die Patienten davon ab, sich nach Alternativen zur medikamentösen Therapie umzusehen“, bedauert Sabine Ansari. Die Behauptungen, Antidepressiva seien das Ergebnis moderner Wissenschaft, sie beseitigen ein biochemisches Ungleichgewicht, sie seien Placebo deutlich überlegen, sie beseitigen Depressionen, sie helfen allen Menschen, sie haben keine Nebenwirkungen, sie machen nicht abhängig und so weiter und so weiter, stehen auf wackligen Beinen. Welche Alternativen infrage kommen, sei individuell zu entscheiden. Das Mittel der Wahl sei zunächst die Psychotherapie. Parallel dazu seien außerdem Bewegung, Biofeedback, Massagen, Kräuterextrakte, Meditation, Tagebuchschreiben und Gespräche mit einem Seelsorger zu empfehlen, um nur einige Alternativen zu nennen. „Ein Patentrezept für jedermann gibt es nicht. Jeder Fall ist anders“, betont Sabine Ansari. „Unglück auf Rezept“, mit einem Vorwort von Professor Bruno Müller-Oerlinghausen, 1. Aufl. 2016, 300 Seiten, Klappenbroschur, ISBN: 978-3-608-98060-8

Autor: Christiane Stolte

 

 

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