SSRI-induzierte suizidale Gedanken – Expertin kennt wissenschaftliche Daten nicht.

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Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen

Am 10.03.2016 informierten zwei Fernsehsendungen über Antidepressiva. Während Journalisten von Correktiv.org im Magazin Panorma auf ARD über Anwendungsbeobachtungen berichteten, sendete 3sat die Dokumentation „Tod auf Rezept“. Eine darin veröffentlichte Aussage veranlasste Professor Bruno Müller-Oerlinghausen einen Gastbeitrag auf Depression-Heute zu verfassen.

Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen
Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen (Foto: R. Brinkmann)

Zum 3sat Bericht: Tod auf Rezept

 Professor Bruno Müller-Oerlinghausen gehört zu den renommiertesten Medizinern Deutschlands. Er ist Träger der Paracelsus Medaille der deutschen Ärzteschaft und hat mehr als 650 wissenschaftliche Arbeiten verfasst. Für Depression-Heute hat er einen Kommentar zur 3sat-Sendung „Tod auf Rezept“ geschrieben. Die Sendung wurde am 10.03.2016 ausgestrahlt.

Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen: Diese Sendung war sicher für viele Menschen sehr aufwühlend, insbesondere solche, die selber Antidepressiva einnehmen oder die Angehörige beim Absturz der German Wings Maschine verloren haben. Da es sich um eine weitgehend französische Sendung handelte, sind deutsche Experten kaum befragt worden.

Die Ausnahme bildete die Inhaberin eines Lehrstuhls der Psychiatrie in Berlin, Frau Professor Isabella Heuser. Ihr Expertinnenstatus konnte leider die Falschheit einer ihrer Kernaussagen nicht verdecken : Sie behauptete, dass Antidepressiva niemals Suizidideen oder Aggressivität bei Menschen auslösen, die nicht zuvor schon solche psychischen Veränderungen gezeigt haben.

Sie leugnet bzw. unterdrückt damit seit Jahren vorliegende, wissenschaftlich mehrfach bestätigte und publizierte Beobachtungen z.B. von Prof. David Healy, von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und von dem großen europäischen psychiatrischen Nebenwirkungserfassungssystem AMSP.

Sie alle zeigen, dass nicht nur die erregende Wirkung der SSRI Antidepressiva eine vorhandene Suizidneigung gefährlich werden lassen kann, sondern dass plötzlich in Menschen, die zuvor noch niemals derartige Neigungen in sich verspürt haben, ein Drang, sich selbst oder Andere zu töten entstehen kann, der als unheimlich und persönlichkeitsfremd erlebt wird.

Die Leugnung dieses Phänomens durch deutsche psychiatrische Fachvertreter und Meinungsbildner führt dazu, dass niedergelassene Nervenärzte, die sich auf die Kompetenz solcher Kollegen verlassen, diese gefährliche Nebenwirkung nicht zur Kenntnis nehmen und im Einzelfall, wenn derartige Erlebnisse unter Einnahme eines SSRI Antidepressivums vom Patienten berichtet werden, in guter Absicht womöglich noch dessen Dosis erhöhen, – um damit u. U. eine irreversible Lebenskatastrophe auszulösen.

Depression-Heute: Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen hat zahlreiche Arbeiten über Suizide und Suizidprävention veröffentlicht und wurde dafür unter anderem mit dem Research Award 2004 der American Foundation for Suicide Prevention ausgezeichnet.

 

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3 Comments

  1. Das ist mir passiert. Ich hatte zuvor nie Suizidgedanken. Man fühlt sich wirklich künstlich verändert.

    Weiß man, woran das liegt, also was die Antidepressiva im Gehirn auslösen, dass so etwas passiert?

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