Ärztin: Die Elektroschocktherapie zerstörte mein Leben

sue cunliffe

In vielen Kliniken wird schwer depressiven Patienten schnell eine EKT empfohlen, wenn Antidepressiva keine Wirkung gezeigt haben oder die Medikamente zu viele ungünstige Nebenwirkungen verursacht haben – ohne die Depression gebessert zu haben.

sue cunliffe

Doch was weiß man gesichert über die EKT? Der Wirkmechanismus ist nach wie vor unbekannt. Viele Patienten und Therapeuten lehnen die Methode ab. Wer Fragen zur EKT hat, soll sich an seinen behandelnden Arzt wenden. Das ist der Experte. Aber was ist, wenn der Arzt selber nur sehr wenig Ahnung hat?
Ein Blick in die gängigen Publikationen zeigt: Dem Patienten wird grundsätzlich erklärt, die Elektroschock-Therapie wäre sicher, sie hätte wenige Nebenwirkungen und würde in 50-90 Prozent der Fälle helfen (Link zum Prospekt der DGPPN). Dem Patienten wird damit die Hoffnung gemacht, dass mehr als jedem zweiten Patienten geholfen wird und das Risiko soll überschaubar oder kaum vorhanden sein (Link zur Stellungnahme der Bundesärztekammer).

Das überascht, denn bei dieser Methode:

  • wird eine Vollnarkose angewendet (die nie gefahrlos ist)
  • werden hochdosierte Muskelrelaxanthien verabreicht, die eine Atemlähmung verursachen können (deshalb muss eine Beatmung mit Sauerstoff erfolgen)
  • wird Wechselstrom eingesetzt, dessen Stärke und Impulsdauer um ein Vielfaches höher ist, als die Stromstärke, die bei einem Herzstillstand eingesetzt wird.
  • treten häufiger schwere und langanhaltende Gedächtnisstörungen auf (Link)
  • wurde schon mehrfach die schwache Wirkung und das sehr hohe Rückfallrisiko thematisiert (Link)

 

Kaum einem Patienten wird erklärt, dass zwar zunächst viele positiv auf die EKT reagieren, aber die Rückfallquote nach sechs Monaten bis zu 80 Prozent beträgt (Link zur Übersichtsarbeit im Ärzteblatt) Zitat: „Das klinische Hauptproblem der EKT ist die hohe Frührezidivrate nach Ende einer erfolgreichen EKT-Serie von bis zu 80 % in den ersten sechs Monaten (ohne Anschlussbehandlung).“ Und natürlich erleben die Patienten Ihren Rückfall als persönliche Niederlage.
Denn sie haben sich zu dieser Therapiemethode überwinden müssen, haben trotz eigener Bedenken zugestimmt und dann ist es passiert: Es hat – ihrer Ansicht nach \“nur bei Ihnen\“ – nicht funktioniert. Das ist für sie tragisch. Denn über das hohe Rückfallrisiko wurden sie nicht aufgeklärt. Was aus wissenschaftlicher Sicht erstaunt, denn die hohe Rückfallrate war schon immer ein Problem der EKT (Link zu JAMA 2001:Zitat: \“Our study indicates that without active treatment, virtually all remitted patients relapse within 6 months of stopping ECT„. Das heißt übersetzt: Fast alle Patienten erleiden einen Rückfall.

Aber welcher Arzt erklärt beim Aufklärungsgespräch: „Ich werde Sie mit Elektroschocks behandeln, danach werden Sie unter Gedächtnisstörungen leiden. Vermutlich wird es Ihnen nach mehreren Behandlungen einige Wochen besser gehen, aber wenn es ein normaler Verlauf ist, werden Sie innerhalb von sechs Monaten einen Rückfall erleiden.
Und leider kann ich Ihnen auch nicht garantieren, dass Ihre Gedächtnisstörungen schnell wieder verschwinden, bei vielen Patienten halten die Gedächtnisstörungen länger an.“
– Man dürfte gespannt sein, wie viele Patienten bei dieser realistischen Aufklärung der Therapiemethode zustimmen.

Doch die Methode birgt zusätzliche Risiken. Viel zu selten wird darauf hingewiesen, dass auch Ärzte, viel zu wenig über die teilweise sehr schweren Gedächtnisstörungen wissen, die auftreten können.

Sue Cunliffe erklärt im Interview mit Sky: „Ich bin aus allem herausgefallen. Es hat zwei einhalb Jahre gedauert, bis ich wieder lesen konnte.“ Das mutige Interview führte sie 14 Jahre nach der EKT. Sie sagt heute: „Die EKT hat mein Leben zerstört.“

Die Ärztin: Sue Cunliffe
Die EKT hat mein Leben zerstört


Update: Zusatzinformation von Sue Cunliffe

Frau Dr. Cunliffe schrieb mir gerade:“Ich habe mich beim britischen Parlament und dem \“Royal College of psychiatrists“ beschwert. Meine Recherche ergab, dass die Evaluation des Royal College of Psychiatrists ergab: 18,75 % aller Patienten, die mit einer EKT behandelt wurden, erleiden einen schweren Langzeit-Gedächtnisverlust.
Aus diesem Grund ist es besonders besorgniserregend, dass immer mehr junge Menschen und sogar Jugendliche mit dieser Methode behandelt werden.“

Zum Artikel
im Mirror

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7 Comments

  1. Hallo,
    vielen Dank.
    Die EKT wird in einer sehr renommierten Münchener Psycho- Klinik angewandt.
    Ein Patient sagte mir nach etwa drei – vier Monaten (er war aber vorher auch schon da), er „sei aus der Depression raus“.
    Er hatte die vierte Depression, und die kämen bei ihm immer von krasser Überarbeitung.
    Keine Ahnung, die Ärzte probierten bei ihm parallel mit niedrig dosiertem Zyprexa (5mg) irgend wann herum (bei mir war es mit über 20 mg stark überdosiert, so dass ich heute Spätdiskinaesien habe), und dann kam die Besserung, wie er sagte.
    Ich wollte hier nur Erfahrungen aus der Praxis wiedergeben. ich hasse Psychiatrien, war schon zwei Mal drin (gesund jeweils, aber fremd an dem jeweiligen Wohnort, und Leute erzählten, ich sei selbstmordabsichten geäußert, was so jedenfalls nicht beim zweiten Mal stimmte, und schon gar keine Konkreten, also mit Datum/ Zeitpunkt oder Methode).
    Viele Grüße, Ihre Homepage finde ich sehr gut! Das geht aber langsam, meine erste Erfahrung ist von 2004 und 2005 in MUC (die Ärzte haben damals einfach die Eingangsuntersuchung weggelassen, weil ich ein gepflegter Aptient war, der sich nicht beonders wehrte. Mein Taufpate zahlte anfangs einige tausend Euro bar, weil er sich nicht interessierte, und ich wurde ja nicht gefragt. Dann kam ich in die Krankenkasse (TK9, di klaglis 5 1/2 Monate insgeamt zahlte. die Krankenkassen fragen leider auch nicht den „Patiernten“ oder nach Beweisen, dass einer krank wäre).

    Das Jobcenter in einer sehr reichen Kommune bekam davon Wind und nutzt es jetzt gegen mich frech, weil es leider ertwas zu verbergen hätte. Mein Ruf hat dadurch schwer gelitten, zudem erzählt das Jobcenter , ich habe eine Angestellte sexuell belästigt und müsse sofort in die Psychiatie eingewisen und gesetzlich betreut werden. Es ist krass, was die Kenntnis über einen Klinkaufenthalt für Reaktionen hat- sogar ein Münchener Amtsarzt schrieb dem Jobcenter zwei Mal ohne Begutachtung noch medizinische Unterlegen, man solle mich besser gleich betreuen lassen. Er kennt mich nicht einmal. Meine Familie hat Angst davor, dass ivch schon wieder eingesperrt werde, und daher darf ich nicht zu einem Amtsarzt, was wiederum das Jobcenter ausnutzt. Ohne eine Untersuchung kann man leichter spekulieren.
    Ich bin übrigens Dipl.-Ing. von den renommiertesten Unis und eine Art Doktor (die Arbeit wurde nicht bezahlt, daher bekam ich den Titel dann am Ende nicht.

    tl;dr:
    Alles ist sch*sse wenn man kein Geld hat. Aber grauen soll man sich weder vor der Psychiatrie noch dem Jobcenter- schin weil das nicht christlich ist, und angst hilft ja nichts. Es ist nur so krass, wie man in Bayern Leute stigmatisiert, die sagen, sie seien einmal in der Psychiatrie gewesen- man kann doch mit einem reden, alle möglic hen leute begenen einem im Laufe des Lebens, warum sperrt man immer nur die ein und sagt, unbesehen, die seien psychisch krank/ sexuelle Belästiger/ gemeingefährlich (in meinem Fall, weil das Jobcenter etwas zu verbergen hat, aber ein Amtsarzt könnte doch sagen, ich stelle gar nichts aus, bevor ich den nicht einmal gesehen oder gesprochen habe…). Ich glaube nicht, dass diese Verantwortung so schwer wiegt, wenn es denen so leicht fällt, arme Leute pauschal wegzusperren (das ist ja auch verantwortungslos, es kommt nur nich tso leicht eraus woie bei reicheren). Bei mir war übrigens ein grund, dass m,ein Vater früh starb- und dank Petri et al denkt man , wenn man nicht gerade eine gute Ausbliduzng hatte, dass man das dann immer gleich auf jeden , dessen Vater früh starb, übertragen sollte oder kann. Es ist alles nur ein Abdsichern- wie kann man nur null Verantwortung übernehmen (aber die Umwelt lässt das ja auch zu, selbst meine Freunde meinen, ich sei nicht dicht, und Leute, denen sie davon erzählen…selbst wenn das stimmen würde, was nicht der Fall ist, was soll denn passieren, wenn man mich einfach in freiheit lässt- ok, ich bekomme dann Sozialleistungen und mache die schöne Arbeitslosenstatistik kaputt, aber ich bin ja nicht faul und unterrichte Schüler und repariere Computer und mache Literaturrecherchen). Werde wohl nicht erleben, dass sich das Stigma groß bessert.

    Das Jobce

  2. Mir hat die Ekt auch schwer geschadet. Ich bin im Alter von 26 Jahren so behandelt worden, war weder austherapiert noch therapieresistent. Ich kann nur jedem davon abraten. Es ist einfach nur schwere Hirnschädigung.

  3. Nie wieder EKT. Habe mich bis heute nicht erholt und habe ein schweres Trauma bekommen.
    EKT müsste verboten werden . Kenne einige die das haben über sich ergehen lassen.
    Keinem hat es geholfen.

  4. Habe zweimal je zehn Behandlungen gehabt. Es hat anfangs ein paar Wochen geholfen. Aber dann bringt es am Ende leider doch nichts. Die Probleme tauchen wieder auf. Das Gefühl dass es helfen könnte pusht allgemein und fühlt sich gut an.

  5. Ich habe auch eine EKT gemacht. Diese ist schon einige Jahre her.
    Ich habe mich in den Jahren nach der EKT sehr verändert.
    Mein Nervensystem ist seither hochsensibel geworden und der Leidensdruck ist hoch.
    Ich suche Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und kompetente Hilfe.

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