Depression: Hoffnung von Tonegawa? Frag doch mal die Maus

Depressive Maus

Der Spiegel berichtet über den US-Forscher Susumu Tonegawa, der mit blauem Licht eine Verhaltensänderung in Mäusen bewirkt. Autor Johann Grolle schreibt über die Mäuse im Experiment: „Ihre Depressione scheint verflogen, rührig krümmen sie sich, um einen Weg aus ihrer misslichen Lage zu finden.“
Liefern die Mausexperimente des Nobelpreisträgers Tonegawa Anlass zur Hoffnung für depressive Patienten? Depression-Heute versucht sich an einer Antwort.

Depressive Maus

Für depressive Patienten bleibt die wichtigste Frage unbeantwortet: Warum soll ich davon ausgehen, dass die Maus eine Depression hat? Können Mäuse überhaupt Depressionen haben oder liegt hier ein systematischer Fehler vor? Abgesehen davon gelang der Versuch nur, weil die Mäuse gentechnisch verändert waren. Sollen depressive Patienten etwa auf eine Behandlungsmethode hoffen, für die sie gentechnisch verändert werden müssten, in dem man ihnen ein Grünalgen-Gen einpflanzt?

Gibt es Hoffnung auf eine neue Behandlungsmethode für depressive Patienten? In einem Artikel des Magazins Der Spiegels vom 04.03.2016 beschreibt Johann Grolle einen Versuchsaufbau des MIT Forschers Susumu Tonegawa bei dem Erinnerungen von Mäusen verändert werden. Deren „Depression scheint verflogen“ schreibt der Autor.

Meinung: Ist es nicht unseriös, in der Depressionsforschung weiterhin auf Tiermodelle zu setzen? Es gibt keine Maus mit Grübelzwang und es gibt auch keine Maus, die unter Schlafstörungen leidet. Wenn man eine Maus an ihrem Schwanz aufhängt und sie krümmt sich nicht lange genug, behaupten Forscher, sie leide unter Depressionen. Aber wenn die Maus aus dieser Lage befreit wurde, ist sie eine Minute später nicht mehr depressiv. Wer sich mit Depressionen auskennt, fragt sich: Warum soll man überhaupt davon ausgehen, dass diese Maus kurz vorher „depressiv“ war? Gibt es keine anderen Symptome? Bei Menschen muss eine depressive Stimmung mindestens zwei Wochen lang anhalten. Bei der Maus reicht die unmittelbare Reaktion nach dem Aufhängen am Schwanz. Die Diagnose ist durch nichts abgesichert, daran ändert auch der Nobelpreis des Forschungsleiters Tonegawa nichts.

Man erhält den Eindruck, die akademische Welt ist unbelehrbar und hält weiterhin – trotz ausschließlich negativer Ergebnisse, an dem alten Dogma fest: Man kann eine Depression unabhängig von dem erkrankten Menschen erforschen.

Die Maus-Forscher scheinen vergessen zu haben, dass sie mit ihren Modellen seit mehr als 30 Jahren nicht dazu beigetragen haben, neue Medikamente für depressive Patienten zu entwickeln. Es ist an der Zeit ihre Forschung und auch ihre Methoden in Frage zu stellen. Es erscheint viel wahrscheinlicher, dass mit dieser Form der Forschung, nur unnötig viel Geld verschwendet wird, ohne dass Ergebnisse erzielt werden.

Der Autor dieses Texts hat selber vor 20 Jahren am Hippocampus von Mäusen geforscht und die damalige Aufbruchstimmung mitbekommen, als Forscher glaubten innerhalb weniger Jahren die Grundlagen von Lernen und Erinnerung aufdecken zu können. Doch der Erkenntnisgewinn ist bescheiden geblieben. Lehrbücher der Neurowissenschaften erscheinen auch 20 Jahre später mit nahezu identischen Inhalten.

Patienten laufen Gefahr eine wichtige Information in dem Artikel zu überlesen, der nur in der Grafik erwähnt wird: Das Experiment mit den veränderten Erinnerungen basiert darauf, dass die Tonegawa-Mäuse gentechnisch verändert sind. Sie haben zusätzlich ein Grünalgen-Gen in ihr Erbgut implementiert bekommen und müssen ständig spezielles Futter essen, damit das spezielle Gen nicht aktiv ist. Aus diesem Grund ist der Versuchsaufbau nicht auf Menschen übertragbar. Abgesehen davon geht es in dem Artikel nur um Erinnerungen im Arbeitsgedächtnis, dem Hippokampus. Es ist jedoch viel wahrscheinlicher, dass depressive Menschen unter Erinnerungen leiden, die im Frontalkortex, also dem Langzeitgedächtnis abgespeichert sind. Dort kann der beschriebene Versuchsaufbau nicht gelingen.

Depression-Heute: Dieser ganze Tierzirkus ist kaum mehr als ein Ablenkungsmanöver: Wenn wir einen Fortschritt in der Therapie von depressiven Patienten erreichen wollen, müssen wir aufhören im Labor danach zu suchen. Das sind wir den Patienten schuldig.

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